Novo Nordisk, Hersteller des Wirkstoffs Semaglutid, der je nach Dosierung unter den Markennamen "Ozempic" und "Wegovy" verkauft wird, veröffentlichte nun erste Daten zu dem Mittel in Pillenform.
15 Prozent des Körpergewichts verloren
Das hätte große Vorteile für die Patienten bei der Einnahme im Vergleich zu einer Spritze. Eine hochdosierte orale Version des Mittels habe fettleibigen Erwachsenen dabei geholfen, 15 Prozent ihres Körpergewichts zu verlieren – das gab das Unternehmen anlässlich der Jahrestagung der American Diabetes Association bekannt. Die Studie wurde zeitgleich am Fachjournal The Lancet veröffentlicht.
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Untersucht wurde eine orale Dosis von 50 mg des Wirkstoffs Semaglutid bei knapp 700 adipösen und übergewichtigen Erwachsenen. Zum Vergleich: Wegovy enthält in Spritzenform 2,4 mg Semaglutid. Nach 68 Wochen hatten die Teilnehmer einen durchschnittlichen Gewichtsverlust von 15,1 Prozent, wenn sie zusätzlich Diät hielten und körperlich aktiv waren. Das entspricht etwa der Wirkung einer wöchentlichen Wegovy-Injektion. In einer Placebogruppe waren es 2,4 Prozent.
85 Prozent derjenigen, die die Tablette einnahmen, verloren im Verlauf der Studie mindestens fünf Prozent ihres Körpergewichts. In der Placebogruppe waren es nur 26 Prozent.
Lieber Pille statt Spritze
Die orale Form von Semaglutid muss täglich morgens auf nüchternen Magen eingenommen werden – 30 Minuten vor dem Essen, Trinken oder der Einnahme anderer Tabletten. Die Pille darf nur mit maximal einem knappen Achtel Wasser (120 ml) eingenommen werden. Werden die 30 Minuten nicht eingehalten, wirkt sie weniger. Wartet man länger als 30 Minuten, ist die Aufnahme besser.
Filip Knopf, Endokrinologe am Gentofte-Krankenhaus der Universität Kopenhagen, an dem die Studie durchgeführt wurde, sagte, dass seiner Erfahrung nach 20 bis 25 Prozent der Patienten lieber eine tägliche Pille einnehmen statt der wöchentlichen Semaglutid-Injektion. Auch Robert Gabbay, Leiter der American Diabetes Association, betonte bei der Konferenz: "Ich vermute, dass es viele Menschen gibt, die diese Behandlungen nicht anwenden, weil sie eine Injektion erfordern. Wenn man sagen könnte: 'Tja, eigentlich braucht es das nicht', wäre das eine große Sache."
Hoher Prozentsatz an Nebenwirkungen
Eine weitere Studie, ebenfalls aktuell in The Lancet veröffentlicht und von Novo Nordisk finanziert, zeigte ähnliche Ergebnisse. Untersucht wurde orales Semaglutid für Menschen mit Typ-2-Diabetes. Die insgesamt 1.600 Studienteilnehmer wurden in drei Gruppen eingeteilt und erhielten Tagesdosen von 14 mg, 25 mg oder 50 mg Semaglutid. Menschen mit Fettleibigkeit oder Übergewicht verloren nach 36 Wochen im Mittel 14,7 Prozent ihres Körpergewichts. Je höher die Dosis, desto mehr Gewicht verloren die Teilnehmer und desto stärker sank ihr Blutzuckerspiegel.
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Gleichzeitig scheinen bei steigender Dosis auch die Nebenwirkungen zuzunehmen. 80 Prozent der Studienteilnehmer berichteten Magen-Darm-Probleme wie Erbrechen, Übelkeit, Verstopfung oder Durchfall. Etwa 13 Prozent nannten ein "verändertes Hautgefühl", das größtenteils nach mehreren Wochen verschwand.
13 Prozent der Studienteilnehmer, die die 50 mg Dosis erhielten, brachen die Einnahme des Medikaments aufgrund der Nebenwirkungen ab.
Magen-Darm-Probleme sind auch bei der Verabreichung als Spritze eine häufige Nebenwirkung – in einer früheren Studie hatten 74,2 Prozent der Teilnehmer, die wöchentlich 2,4 mg injizierbares Semaglutid erhielten, Probleme mit dem Magen-Darm-Trakt.
Einführung noch nicht festgelegt
Das dänische Pharmaunternehmen plant noch in diesem Jahr, die behördliche Zulassung der Pille in den USA und in Europa zu beantragen. Wann genau sie dann am Markt verfügbar ist, ist jedoch noch nicht festgelegt. Auch andere Unternehmen, etwa Pfizer und Eli Lilly, arbeiten an einer oralen Form der Abnehmspritze.
Ein orales Semaglutid ist bereits am Markt. Das Mittel Rybelsus ist allerdings nur für Erwachsene mit Typ-2-Diabetes zugelassen und enthält vergleichsweise kleinere Tagesdosen des Wirkstoffs von bis zu 14 mg. Die Pillen wirken ähnlich, seien aber weniger wirksam als Wegovy und Ozempic, so Gabbay.
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