Kann man mithilfe der Abnehmspritze tatsächlich schwanger werden?
Nicht direkt. "Fettleibigkeit ist ein wichtiger Grund für Unfruchtbarkeit. Patientinnen haben häufiger Endometriose, die Eierstöcke können ihre Funktion oft nicht gut erfüllen, bei vielen Frauen setzt die Menstruation aus. Wenn sie dann mithilfe der Abnehmspritze Gewicht verlieren, stellt sich dieses hormonelle Ungleichgewicht wieder ein, sodass die Fruchtbarkeit wieder gegeben ist", sagt Internistin und Adipositas-Expertin Johanna Brix. Das Polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS), eine Funktionsstörung der Eierstöcke, tritt etwa häufig bei Adipositas und Diabetes auf und beeinträchtigt die Fruchtbarkeit. Der Gewichtsverlust durch die Abnehmspritze kann positiv wirken.
Auch Frauen, bei denen bariatrische Eingriffe vorgenommen werden, etwa Magenverkleinerungen, werden zuvor darüber aufgeklärt, dass sie aktiv verhüten sollen. "Nach einem solchen Eingriff sollte man etwa 18 Monate nicht schwanger werden. Viele Patientinnen sagen dann, bei mir funktioniert das ohnehin nicht. Durch den Gewichtsverlust funktioniert es dann aber doch wieder", betont Brix.
Welche Erklärung gibt es für Frauen, die trotz Anti-Baby-Pille schwanger wurden?
Die sogenannten Abnehmspritzen werden unter den drei Handelsnamen Ozempic (zugelassen zur Behandlung von Typ-2-Diabetes), Wegovy und Saxenda (zugelassen zur Gewichtsreduktion bei Adipositas) verkauft. Alle drei Mittel – in Österreich ist derzeit nur Saxenda erhältlich – enthalten Wirkstoffe, die ein Darmhormon nachahmen und unter anderem die Verdauung verlangsamen. Der Mageninhalt gelangt langsamer in den Darm. Dadurch kann es sein, dass die Wirkstoffe der Pille nicht wie vorgesehen aufgenommen werden.
Brix: „Aufgrund der verzögerten Magenentleerung können manche Pillen in Abhängigkeit von ihrer Stärker möglicherweise nicht ausreichend wirken. Plant eine Frau, die mittels Pille verhütet, die Abnehmspritze zu verwenden, sollte sie Rücksprache mit ihrem Frauenarzt halten.“ Studien, in denen die Wirkung der Abnehmmedikamente auf die Wirkung von Anti-Baby-Pillen untersucht wurde, fehlen bisher.
Kann das Abnehmmittel in der Schwangerschaft weiter gespritzt werden?
Nein. "Die Abnehmspritzen sind in der Schwangerschaft nicht zugelassen. Sobald ein positiver Schwangerschaftstest vorliegt, muss man sie absetzen, bei einer geplanten Schwangerschaft ist es sinnvoll, sie schon vorher abzusetzen. Es gibt keine Studien dazu, wie die Medikamente auf das ungeborene Kind wirken", erklärt Brix.
Nimmt man beim Absetzen der Spritze rasch wieder zu?
Die meisten Menschen nehmen wieder an Gewicht zu, wenn sie die Anwendung der Abnehmspritze beenden. "In der Schwangerschaft sollte man besonders auf sein Gewicht achten – das ist gut für die Frau und das Kind. Es ist natürlich schwierig, von einem Tag auf den anderen mit den Abnehmspritzen aufzuhören, aber es gelingt – so wie es vielen Frauen gelingt, für die Schwangerschaft mit dem Rauchen aufzuhören", sagt Brix. Bei Adipositas einer schwangeren Frau liegt eine Risikoschwangerschaft vor, da etwa das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes und Kaiserschnitte erhöht ist.
Was gilt für Frauen, die zwar einen Kinderwunsch haben, aber auch die Abnehmspritze nehmen möchten?
Medizinerin Johanna Brix rät Frauen mit Adipositas zunächst zu versuchen abzunehmen und erst dann den Kinderwunsch zu verwirklichen: „Auch bei Frauen, die schon etwas älter sind, würde ich empfehlen, sich zuerst ein dreiviertel Jahr zu geben. Im Schnitt kann in dieser Zeit über die Abnehmspritzen ein Gewichtsverlust von 15 Prozent erreicht werden – dadurch verbessern sich bereits viele Körperfunktionen, die auch für die Schwangerschaft wichtig sind.“ Für viele Frauen sei der Kinderwunsch ein Motivator, den Gewichtsverlust anzugehen.
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