Rekordwerte: Die Grippewelle erfasst Österreich
Die Grippe und grippeähnliche Erkrankungen haben Österreich derzeit fest im Griff. In Wien kletterten die Infektionen laut Hochrechnung des Grippemeldedienstes auf über 33.950. Gemessen an den seit 2009 online veröffentlichten Daten sind das neue Rekordwerte in der Bundeshauptstadt.
Der bisherige Höchstwert: 19.700 Neuerkrankungen im Jänner 2017. Dieser war heuer bereits in der ersten Dezemberwoche mit einem neuen Höchstwert von 25.200 Fällen von Influenza bzw. grippeähnlichen Erkrankungen in Wien übertroffen worden.
„Es geht drunter und drüber“, berichtet Medizinerin
Für ganz Österreich errechnete die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) zuletzt eine Inzidenz von 4.338 Infekten je 100.000 Einwohnern. „Wir haben heuer eine sehr starke und vor allem frühe Saison.
Hinzu kommt, dass mehrere respiratorische Erreger gleichzeitig auftreten und so die Krankmeldungen in die Höhe steigen“, sagt Virologe Stefan Aberle von der MedUni Wien. „Es geht drunter und drüber“, berichtet auch Allgemeinmedizinerin Naghme Kamaleyan-Schmied. Sie betreibt ihre Praxis in Wien-Floridsdorf und ist stellvertretende Bundeskurienobfrau der Allgemeinmediziner in der Ärztekammer.
Häufung von Viruserkrankungen
Während die Grippesaison ihren Höhepunkt üblicherweise im Jänner oder Februar hat, ist sie heuer bereits vor Weihnachten sehr stark. „Dass es heuer eine stärkere Grippesaison geben wird, haben wir erwartet. In den Pandemiejahren blieb sie praktisch aus, auch weil wegen Covid viele Leute etwa Kontakte einschränkten und teilweise Maßnahmen galten. Jetzt kommt es zu einer Häufung von Fällen“, meint Aberle.
So sorgt etwa das RS-Virus (Respiratorisches Synzytial-Virus, Anm.) für viele Erkrankungsfälle, vor allem bei Kindern. Manche haben Mehrfachinfektionen, Grippe, RSV, Covid. Das zeigt sich etwa an überfüllten Kinderarztpraxen, viele Ordinationen sind überlastet und können keine Patienten mehr annehmen – der KURIER berichtete.
Doch nicht nur Kinder sind vom RS-Virus betroffen, wie Kamaleyan-Schmied betont. „Bei Risikopatienten oder Älteren kommt es oft zu einer Lungenentzündung.“
Immunsystem nicht geschwächt
Die stärkere Welle von Atemwegsinfekten hat allerdings nicht damit zu tun, dass unser Immunsystem durch die Pandemiejahre geschwächt ist, wie manche fälschlicherweise annehmen. Vielmehr ist es das Auftreten mehrere Erreger gleichzeitig, das die starke Erkrankungswelle auslöst, sowie die Tatsache, dass viele Kinder ungeschützt sind. Sie hatten in den Pandemiejahren mit deutlich weniger Erregern Kontakt und erkranken nun gleichzeitig statt über mehrere Saisonen verteilt.
Ob Kinder oder Erwachsene, in der täglichen Praxis sei es auch für Ärzte schwierig zu erkennen, woran der jeweilige Patient erkrankt sei. Die Symptome ähneln sich schließlich. Tests würden bei der Einschätzung helfen, sagt die Ärztin. Diese würden aber von den Kassen nicht übernommen.
Impfung trotz laufender Grippewelle empfohlen
Trotz laufender Grippewelle empfehlen Kamaleyan-Schmied und Aberle sich noch Grippe impfen zu lassen. „Optimal wäre natürlich früher gewesen, aber es macht auch jetzt Sinn, es dauert noch einige Wochen bis die Infektionen deutlich weniger werden. Spätestens zehn Tage nach der Impfung stellt sich ein guter Schutz ein“, sagt Aberle.
Die Feiertage müssen laut Aberle nicht unbedingt die Zahlen weiter in die Höhe treiben. „Viele haben nun schon eine Infektion durchgemacht und werden sich daher nicht mehr anstecken.
Bei Krankheitszeichen auskurieren
Wer Krankheitszeichen spürt, etwa Fieber, Husten und Schnupfen sollte zuhause bleiben und sich auskurieren, appelliert die Ärztin. Wer trotz Erkältung hinaus muss, kann durch das Tragen einer Maske die Ansteckungsgefahr für andere reduzieren.
Zum Arzt sollte man aber, wenn die Beschwerden „schlimmer werden oder das Fieber hoch bleibt“. Aberle kann zumindest einen Hoffnungsschimmer in Aussicht stellen: „Wir können nicht genau sagen wann, aber die Welle wird auch wieder abnehmen.“
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