Pandemie-Accessoire: Ist der breite Einsatz von FFP2-Masken sinnvoll?
Die Wirksamkeit von Stoffmasken wird immer wieder diskutiert – zuletzt nach Infektionen im österreichischen Skispringerteam. Seit Pandemie-Beginn werden diverse Maskenmodelle engagiert von der Wissenschaft begutachtet. Neue Forschungen zeigen jetzt, welche simplen Kniffe ihre Schutzwirkung steigern können.
Lagen-Logik
US-Umweltingenieurin Linsey Marr unterzog elf Varianten im Labor des Virginia Polytechnic Institute einem Covid-Härtetest. Kernerkenntnis: der Lagenlook wirkt. Idealerweise sollte der MNS aus zwei dicht verwobenen Außenschichten bestehen, mit zusätzlichem Filtermaterial in der Mitte. "Das ist absolut plausibel", sagt Mikrobiologin Birgit Willinger von der MedUni Wien. Auch das Kombinieren von Stoffarten (Baumwolle/Seide/Flanell) lohnt sich. Davon, Staubsauger- oder Kaffeefilter als Füllung zweckzuentfremden (wie etwa Marr empfiehlt), rät sie ab: "Immerhin sitzt das Material vor unserem Mund und die eingeatmeten Partikel gelangen direkt in unsere Lunge. Solange wir nicht wissen, ob diese Stoffe verträglich sind, kann man sie nicht empfehlen – auch wenn sie wirksam wären." Unbedenklich sei hingegen das Einarbeiten von chirurgischen Maskenteilen.
Auch von Bedeutung: die Bindetechnik. Laut Forscherin Marr begünstigen per Ohrschlaufen fixierte Masken Lücken zwischen Stoff und Haut. Nach längerem Gebrauch verursachen sie Schmerzen, was zu häufigem Abnehmen beiträgt. Willinger befürwortet MNS zum Selberbinden, gibt aber zu bedenken, dass sie komplizierter zu handhaben sind. "Die Maske sollte eng an Mund, Nase und Kinn anliegen und die Mund-Nasen-Partie vollständig bedecken. Dann schützt man nicht nur sein Umfeld, sondern auch sich selbst."
Flexible Textilien eignen sich laut der US-Studie, die als Preprint erschienen ist und noch den wissenschaftlichen Begutachtungsprozess durchlaufen muss, besser, da sich steifes Material schlecht an Gesichtskonturen anpasst. "Masken mit Drahtbügeln im oberen Bund minimieren Schlitze, über die Atemluft entweichen oder eindringen kann", ergänzt Willinger.
Gesichtsvisiere (in Österreich sind sie zum Zweck der Pandemiebekämpfung im Alltag inzwischen verboten) sollten nur in Kombination mit einer Maske verwendet werden. Zwar ist das durchsichtige Kunststoffschild selbst undurchlässig, die Ein- und Ausatemluft wird aber lediglich umgelenkt. Kleinstpartikel werden daher fast ungehindert an die Umgebung abgegeben. Laut Willinger bieten Visiere den Vorteil, dass dadurch auch die Augen als mögliche Eintrittspforte vor dem Virus geschützt werden. "Deswegen werden sie von medizinischem Personal, das in engen Kontakt mit Covid-19-Patienten kommt, zusätzlich zur Maske getragen."
Profi-Schutz für alle
Unterdessen plädieren immer mehr Experten dafür, Masken des Typs FFP2 in Indoor-Hygienekonzepte zu integrieren. "Man könnte sich zum Beispiel überlegen, ob man im Theater FFP2-Masken statt chirurgischen Masken verordnet", ließ Virologe Christoph Steininger von der MedUni Wien im KURIER-Interview kürzlich anklingen.
"Das wäre enorm sinnvoll", sagt auch Virologe Norbert Nowotny von der Vetmeduni Wien, "weil sie 95 Prozent der potenziell virushaltigen Teilchen aus der Luft filtern und den Träger davor bewahren, dass Viren als Aerosole auf Mund- und Nasenschleimhäute gelangen".
War es im Frühjahr noch essenziell, dass der geringe Bestand medizinischem Personal und Hochrisikogruppen vorbehalten bleibt, sollten Bund und Länder Mitarbeiter mit viel Personenkontakt, etwa Polizisten, nun flächendeckend mit FFP2-Masken ausstatten. In Firmen, in denen Mitarbeiter viel Kundenkontakt haben, sollten sie ebenso bereitgestellt werden. Von der breiten Bevölkerung sind FFP2-Masken ohne Ausatemventil zu verwenden, "damit der Träger sein Umfeld nicht mit ausgeatmeten Viren kontaminiert".
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Dass FFP2-Masken nur zum Einmalgebrauch designt seien, stimme so nicht, sagt Nowotny: "Im Idealfall stattet man sich etwa mit drei Masken aus und benutzt sie nacheinander, jeweils eine pro Tag. Am vierten Tag kann die erste dann wiederverwendet werden." Wesentlich ist die hygienische Lagerung: aufgehängt an einem trockenen Ort. "So kann man die Masken durchaus ein bis zwei Wochen verwenden, sofern sie nie wirklich feucht oder schmutzig geworden sind."
Willinger bestätigt die Effektivität von FFP2-Masken. Tragefehler seien durch das spezielle Design zudem selten. Wird in Innenräumen auf sehr gute Belüftung und Abstandhalten geachtet, "kann aber auch ein normaler Mund-Nasen-Schutz guten Schutz bieten".
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