Corona-Maßnahmen: Oberstufen-Schüler müssen zu Hause bleiben
Für über eine Million Schüler enden an diesem Wochenende die Herbstferien. Doch wird es eine Rückkehr ins Klassenzimmer oder ins Homeschooling werden? Geht es nach Bildungsminister Heinz Faßmann und den Länderchefs, werde alles daran gesetzt, dass zumindest die niederen Schulstufen geöffnet bleiben. Für die Oberstufen wird allerdings wieder Fernunterricht gelten. Das bestätigte Kanzler Sebastian Kurz am Samstag bei der Pressekonferenz zum neuen Lockdown.
Steigen die Infektionszahlen, wird das auch alle anderen betreffen. Doch geht von Kindern und Jugendlichen überhaupt eine relevante Infektionsgefahr aus?
Die Statistik spricht eine eindeutige Sprache: Nur 0,21 Prozent der 6- bis 19-Jährigen haben sich seit Pandemiebeginn mit SARS-CoV-2 angesteckt. Infektiologe Herwig Kollaritsch argumentiert differenziert: "Wir wissen nach wie vor nicht genau, ob – und wenn ja, bis zu welchem Alter – Kinder Pandemietreiber sind."
Altersabhängiges Phänomen
Die derzeit gängige Fachmeinung: Kinder spielen eine untergeordnete Rolle in der epidemiologischen Kette. Je jünger sie sind, desto geringer ihr Einfluss. "Das bedeutet, dass jüngere Kinder schwerer infizierbar sind und die Infektion schlechter weitergeben."
Am University College London wurden jüngst Daten aus 32 Studien mit 41.640 Kindern und Jugendlichen sowie fast 270.000 Erwachsenen ausgewertet. Unter 20-Jährige hatten im Vergleich zu älteren Erwachsenen ein um 44 Prozent, Kinder unter zwölf Jahren ein um 59 Prozent geringeres Ansteckungsrisiko.
Die bisher größte Studie zur Nachverfolgung von Kontaktpersonen aus Indien zeigte, dass sich jedes vierte Kind zwischen einem und vier Jahren ansteckte, wenn es Kontakt zu einem infizierten Kleinkind hatte. Erwachsene wurden von Kindern aber deutlich seltener angesteckt, hier lag der Wert zwischen fünf und acht Prozent.
Mit steigendem Alter nähern sich Heranwachsende dem Ansteckungspotenzial von Erwachsenen an. "Zwischen Kindergartenkindern und Kindern, die die Oberstufe besuchen, können Welten liegen", bringt es Kollaritsch auf den Punkt. Letztere seien von der Infektiosität her mit Erwachsenen vergleichbar.
"Außerdem pflegen sie altersgemäß mehr Sozialkontakte außerhalb der Schule." Bei Teenagern sieht er daher "zusätzliches Gefahrenpotenzial, weil Ansteckungen vielfach in Familien und zu den Risikogruppen getragen werden".
Kollateralschäden bedenken
"Ich habe immer dafür plädiert, Schulen so lange wie möglich offen zu halten. Sie organisieren das Lernen", ist Bildungspsychologin Christiane Spiel überzeugt. Man müsse bei allen Maßnahmen, die getroffen werden, nicht nur die Wirkung bedenken, sondern auch die Nebenwirkungen: "Wir wissen aus dem ersten Lockdown, dass es eine Gruppe von Kindern gibt, die man nicht erreicht hat, die keinen Lernerfolg hatten. Je länger sie aus dem System draußen sind, umso schwieriger wird es, sie wieder hereinzuholen."
Wenn Kinder zu Hause sind, sei es wichtig, jene mit den größten Schwierigkeiten besonders zu betreuen. Auch Belastungen für Eltern müssten mitbedacht werden.
Außerdem: "Es ist auch ein Unterschied, ob man von 100 auf 0 herunterfährt oder Zwischenlösungen findet", sagt Spiel.
Verschärfte Maßnahmen in höheren Schulstufen müssen wirksam und sozial verträglich sein, sind sich Experten einig. So könnte man vor Schularbeiten oder in Abschlussklassen kleine Gruppen hereinholen. Auch Schichtbetrieb oder eine Ausweitung der Maskenpflicht sind denkbar.
Hinweis: Dieser Bericht wurde am Samstag, 31.10., um 16.45 Uhr aktualisiert.
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