Minus 70 Grad: Wie funktioniert die Lagerung des Corona-Impfstoffes?
Ab Dienstag soll in England gegen Corona geimpft werden – wegen der Lagerung bei minus 70 Grad aber zunächst nur in 50 Kliniken. 800.000 Dosen sollen für 400.000 Personen verfügbar sein – nur in großen Einheiten zu 975 Dosen. „Es gibt auf der ganzen Welt keine Lager- und Transportinfrastruktur für minus 70 Grad“, warnen manche Logistiker. Und Trockeneis (Kohlendioxid in fester Form) als Kühlmittel in Lkw sei beim Einatmen hoher CO₂-Mengen gefährlich.
Dominique Nadelhofer vom Logistikkonzern Kühne+Nagel hat diese Bedenken nicht: „Wir haben auch schon früher mit Trockeneis gekühlt und kennen uns damit aus. Außerdem gibt es Alternativen, etwa Kühlpads. Es werden ja auch nicht alle Impfstoffe so ausgeliefert werden müssen – bei vielen werden 2 bis 8 Grad plus ausreichen.“ Mit einer Tochterfirma habe man viele der Impfstoffkandidaten bereits für die Studien transportiert: „Wir haben Erfahrung gesammelt.“
„Die minus 70 Grad sind notwendig, weil die Boten-RNA in diesen Impfstoffen sehr instabil und ihre Formulierung sehr aufwendig ist“, sagt die Virologin Christina Nicolodi. „Es gibt unterschiedliche Substanzen zur Stabilisierung, aber solche Tests dauern lange – Zeit, die man derzeit nicht hat.“
Derzeit kann der Impfstoff ab Beendigung der Ultratiefkühlung fünf Tage lang bei plus 2 bis plus 8 Grad gelagert werden. „Es kann sein, dass vielleicht schon bis Jänner neue Stabilitätsdaten vorliegen und dieser Zeitraum ausgedehnt werden kann.“ Der mRNA-Impfstoff von Moderna kann bereits jetzt sechs Monate bei minus 20 Grad und 30 Tage bei normaler Kühlschranktemperatur gelagert werden. Nicolodi: „Ich glaube auch, dass es nicht an der Logistik scheitern wird. Grundsätzlich sind minus 70 bis minus 80 Grad für viele biotechnologische Präparate nichts Ungewöhnliches.“
„In der Öffentlichkeit wird immer die Minus-70-Grad-Lagerung als das große Problem gesehen“, sagt Andreas Windischbauer, Präsident der Arzneimittel-Vollgroßhändler (Phago). „Aber schon jetzt können wir eintreffende Lieferungen flächendeckend in Österreich übernehmen, bis Jahresende werden 23 Standorte mit Ultratiefkühlschränken ausgerüstet sein.“ (siehe auch obenstehende Grafik) Das größere Thema sei die Feinverteilung an die Impfstellen, dass immer die richtige Menge zur richtigen Zeit einlangt. „Denn sobald der Impfstoff unsere Zentren verlässt, beginnt die Uhr für die fünf Tage Lagerdauer bei normaler Kühlschranktemperatur zu ticken.“ Es werde auch kein Problem sein, in bedarfsgerechten kleinen Mengen auszuliefern.
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