Antigen-Tests: Warum die Probe im Mund so fehleranfällig ist

Antigen-Tests: Warum die Probe im Mund so fehleranfällig ist
Mund- oder Nasenabstrich? Heeresexperte warnt vor falschen Resultaten. Welche Testmethoden es derzeit gibt.

Soll die Probe für einen Covid-19-Schnelltest in der Nase oder über den Mund genommen werden?

Für Michael Janisch stellt sich diese Frage nicht; zumindest dann nicht, will man korrekte Ergebnisse bekommen. „Beim Rachen-Abstrich liegt die Fehlerquote bei falsch Negativen bei bis zu 90 Prozent“, sagt der Brigadier, der dem Amt für Rüstung und Wehrtechnik (ARWT) vorsteht. Anders gesagt: Wird die Probe nur im Mund genommen, besteht ein 90-prozentiges Risiko, dass der Patient zwar gesund zu sein scheint, in Wahrheit aber erkrankt ist.

Mehrere Faktoren verantwortlich

Heinz Burgmann, Leiter der Abteilung Infektiologie und Tropenmedizin an der MedUni Wien, erscheint dieser Prozentsatz sehr hoch. „Für ein genaues Testergebnis sind mehrere Faktoren verantwortlich: Wo und wie man die Probe abnimmt – und in welcher Phase der Erkrankung sich der Proband gerade befindet. Antigentests etwa reagieren dann positiv, wenn die Virenlast sehr hoch ist.“

Warum aber kann eine Einrichtung wie das ARWT derartige Aussagen treffen? Das ARWT ist die militär-interne 1450-Hotline. Hier werden – wie zuletzt Ministerin Klaudia Tanner – alle im Militär auftretenden Corona-Verdachtsfälle und Cluster geprüft. Dem nicht genug, tut das ARWT, was zivile Organisationen derzeit so nicht schaffen: Kranke werden im gesamten Krankheitsverlauf getestet. „Bis zu sieben Mal pro Patient“, sagt Janisch. „Wir wissen also auch, wie sich die Virenlast im Laufe der Zeit verändert.“

Richtige Proben-Abnahme

Die extrem hohe Fehleranfälligkeit erklärt Janisch damit, dass Covid-19 in der Nase beginnt und dort die entsprechende Virenlast zu finden sei. Infektiologe Burgmann relativiert sogar das: „Wenn das Virus in die Lunge gewandert ist, ist auch ein Nasen-Abstrich nicht mehr der Goldstandard. “

Hinzu kommt: der korrekte Rachenabstrich im Mund ist schwierig. Mit „ein wenig Kratzen in der Wange ist es nicht getan, man muss tief in den Rachen gehen, um eine gute Probe zu bekommen – das können in der Regel nur Fachleute, wie man sie im Spital findet“, sagt Janisch. Es geht um die Rachen-Hinterwand. Dort, wo sich das Gaumenzäpfchen befindet, erklärt Burgmann. Bei einem Nasen-Rachen-Abstrich wird das Abnahmestäbchen vier bis fünf Zentimeter in die Nase eingeführt. „Nicht nur die Nasenschleimhaut soll erreicht werden, man versucht auch in den Nasenrachenraum vorzudringen.“

Infektionen erkennen

Was die Schnelltests angeht, warnt Janisch davor, deren Detektionskraft zu überschätzen: „Diese Tests wurden entwickelt, um bei Patienten, die klare Symptome haben, schnell festzustellen, ob sie Covid-19 oder eine andere Erkrankung haben. Sie wurden nicht dafür entwickelt, asymptomatische Patienten zu finden.“

Warum ist das wichtig? Im Unterschied zum PCR-Test sucht der Schnelltest „nur“ nach Virusproteinen. Die Crux: Die Konzentration dieser Proteine schwankt im Verlauf der Erkrankung – und das führt dazu, dass die Tests mitunter „negativ“ anzeigen, obwohl jemand laut PCR-Testung Covid-19-positiv ist. Burgmann: „Wichtig ist also, die infektiöse Phase zu erwischen, um die Infektionskette zu unterbrechen. “

 

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