Medizin-Nobelpreis: "Die Hauptbotschaft ist: Wir alle sind verwandt"
Gerhard Weber, den Leiter des Departments für Anthropologie der Universität Wien, verbindet einiges mit Svante Pääbo. Wie der Neo-Nobelpreisträger hat auch Weber das Fach revolutioniert. Der eine hat begonnen, Genanalysen für alte DNA nutzbar zu machen, der andere rekonstruiert frühe Menschenarten in 3-D. Beide haben eine junge Forscher-Generation ausgebildet – Pääbo in Paläogenetik, Weber in Virtueller Anthropologie.
KURIER: Was bedeutet Pääbos Nobelpreis für Ihr Fach? Es ist wohl die einzige Chance ausgezeichnet zu werden, gibt es doch für Evolutionsbiologie keine eigene Nobel-Kategorie.
Gerhard Weber: Wir sind alle entzückt. Es ist ein unglaublicher Booster für die Human-Evolution-Community.
Welche Rolle spielen die Hightech-Methoden?
Lange war der einzige Zugang: Ein Fossil anschauen und Schlüsse ziehen. Jetzt haben wir eine komplett unabhängige, neue Forschungsschiene. Vieles war vorher gar nicht möglich. Wie lange haben wir gerätselt, ob der Neandertaler und der moderne Mensch sich vermischt haben. Diese Frage hätten wir nie letztgültig beantworten können, wenn nicht die Paläogentiker irgendwann gesagt hätten: „Passt auf! Da sind Neandertaler-Gene im Erbgut der Menschen, die heute herumrennen. Die beiden müssen sich vermischt haben!“
Seither ist das Thema vom Tisch und Svante Pääbo ist einfach einer der Väter der Paläogenetik. Letztlich muss jeder von uns zur Kenntnis nehmen, dass wir alle verwandt sind – das ist die Hauptbotschaft, die sich irgendwann durchsetzen wird.
Was können wir von der Paläogenetik noch erwarten?
Derzeit wird versucht, aus Sedimenten, Tropfsteinen oder Keramikstücken DNA herauszufiltern. Das ist der neue Hype – Tausende Stücke werden auf Grabungen schnell und kostengünstig gescreent. So kann man feststellen: Ja, da waren Menschen. Und man kann genauer nachschauen.
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