Laut dem Engpassregister des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) sind aktuell 610 Arzneimittel nicht oder nur eingeschränkt – nur in bestimmten Darreichungsformen und Packungsgrößen – verfügbar. Darunter sind vor allem gängige Antibiotika, Husten und Erkältungsmittel. Aber auch Präparate, die chronisch Kranke einnehmen müssen, wie Herz- oder Diabetesmedikamente.
Von 1-Stück-Packungen bis zu 100 Stück – es gibt keine Größe, die derzeit nicht in der Rubrik „nicht verfügbare Packungen“ vorkommt. Am häufigsten sind 30-Stück-Packungen nicht erhältlich.
„Es ist extrem unterschiedlich: Manchmal gibt es von einem Präparat keine 30er Packungen, dann wiederum keine 10-Stück-Packung. Das entbehrt jeglicher Regelmäßigkeit“, sagt Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer.
Natürlich könne das für Patienten, die dauerhaft Medikamente einnehmen müssen, sehr unangenehm sein, wenn ihre Präparate nur in Kleinpackungen verfügbar sind – es sind häufiger Rezeptgebühren zu entrichten.
Oft liege der Preis für Kleinpackungen unter der Rezeptgebühr – dann wird diese nicht verrechnet. Es gebe bereits Gespräche mit der Sozialversicherung, um dieses Problem zu lösen, sagt Mursch-Edlmayr. „Auch Reservierungen von Medikamenten sind eine Möglichkeit, Engpässe so kurz wie nur möglich zu halten. Generell versuchen wir immer, den günstigsten Ausweg für die Patienten zu finden.“
Patientenanwalt Gerald Bachinger: „Es kann nicht sein, dass der Patient wegen Lieferschwierigkeiten zum Handkuss kommt, weil nur kleine Packungen verfügbar sind.“
Einen weiteren Ausweg nennt der Tiroler Allgemeinmediziner Edgar Wutscher, Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte der Österreichischen Ärztekammer: „Ich schaue, ob ein anderes Präparat mit dem gleichen Wirkstoff in einer größeren Packung erhältlich ist.“ Oft seien Engpässe auch nur kurz und größere Packungen bald wieder verfügbar.
„Großpackungen sind mitunter deshalb derzeit vergriffen, weil diese häufiger verschrieben bzw. abgegeben werden“, heißt es beim Branchenverband Pharmig. Richtig sei, dass in einem solchen Fall bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln die Rezeptgebühr pro Packung anfällt und dass, wenn zwei kleinere statt einer großen Packung abgegeben werden, die Rezeptgebühr zweimal gezahlt werden muss. Das sei aber nicht die Vorgabe des Herstellers.
Kein Anhaltspunkt
Im Dachverband der Sozialversicherungen sieht man aktuell kein Problem. Man verweist auf die Rezeptgebührenbefreiung bzw. die Obergrenze (siehe "Fakten" unten). Und: Laut Heilmittelabrechnung besteht für die Monate Oktober und November im Vergleich zum Jahr sogar ein leichter Rückgang der bezahlten Rezeptgebühren – trotz einer größeren Anzahl an Packungen. Somit sei kein Anhaltspunkt für eine Zunahme der von den Versicherten zu bezahlenden Rezeptgebühr ableitbar. Allerdings setzte die Grippewelle erst richtig im Dezember ein. Für diesen Monat gibt es aber noch keine Abrechnungsdaten.
„Dass Packungsgrößen gerade jetzt verkleinert werden würden, der Preis dafür aber gleich bliebe, ist ein Gerücht und kann gar nicht sein, da es ganz klare gesetzliche Vorgaben gibt, welche Packungsgrößen bereitzustellen sind“, so die Pharmig. Es müssten bei bestimmten Arzneimitteln „Kleinpackungen“ angeboten werden, genauso wie Packungen für die Dauer eines Monats.
Den Vorwurf der „Shrinkflation“ bei Medikamenten weist auch Andreas Windischbauer, Präsident des Verbandes der Arzneimittelgroßhändler (Phago), scharf zurück. „Das ist ein Unsinn.“ Denn verschreibungspflichtige Medikamente im Erstattungskodex der Krankenkassen sind preisreguliert (siehe Artikel unten). Bei frei verkäuflichen Medizinprodukten wie Hustenzuckerl sind kleinere Verpackungsgrößen zum gleichen Preis aber möglich.
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