Wie der Preis für Arzneimittel festgelegt wird
Die Aufregung wegen kleinerer Verpackungsgrößen bei Medikamenten wegen der aktuellen Lieferengpässe ist groß. Weil vor allem Großpackungen vergriffen sind, müssen Kleinpackungen verschrieben werden. Werden aber zwei kleinere Packungen statt einer großen abgegeben, fällt zwei mal die Rezeptgebühr an.
Den Vorwurf der "Shrinkflation", also dass weniger Inhalt zum gleichen Preis verkauft werde, weisen die Pharma-Hersteller scharf zurück. „Dass Packungsgrößen gerade jetzt verkleinert werden würden, der Preis dafür aber gleich bliebe, ist ein Gerücht und kann gar nicht sein, da es ganz klare gesetzliche Vorgaben gibt, welche Packungsgrößen bereitzustellen sind“, heißt es beim Pharmaverband Pharmig. Es müssten bei bestimmten Arzneimitteln „Kleinpackungen“ angeboten werden, genauso wie Packungen für die Dauer eines Monats.
Gesetzliche Preisbildung
Aber wie kommen die Medikamentenpreise überhaupt zustande? Anders als Lebensmittelhersteller können Arzneimittelhersteller höhere Herstellungskosten nicht einfach auf die Preise draufschlagen. Die Preisbildung ist in Österreich gesetzlich geregelt. Zuständig dafür ist die Preiskommission im Gesundheits- und Sozialministerium.
Die Preisbasis eines Medikamentes bildet der Fabriks- oder Depotabgabepreis des Herstellers. Dazu kommen der Großhandels- und Apothekenaufschlag sowie die Mehrwertsteuer. All jene rezeptpflichtigen Medikamente, die von der Krankenkasse erstattet werden, werden in den sogenannten Erstattungskodex (EKO) aufgenommen. Für sie gilt eine gesetzliche Obergrenze, für die der jeweilige EU-Durchschnittspreis maßgeblich ist. Dabei ist zu beachten: Die Preisbildung und Erstattung bzw. Selbstbehalte sind in den EU-Ländern unterschiedlich geregelt, weshalb die Preise variieren. Aktuell sind rund 8.000 Arzneimittel im EKO gelistet.
Generika
Sobald ein wirkstoffgleiches Nachfolgeprodukt (Generikum) verfügbar ist, sinkt der Medikamenten-Preis. Das erste generische Nachfolgeprodukt muss mindestens 50 Prozent unter dem Preis des Markenprodukts, dessen Patentschutz abgelaufen ist, liegen. Der Preis des zweiten Generikum muss 18 Prozent niedriger sein als der des ersten Nachfolgeprodukts, der Preis für das dritte um 15 Prozent niedriger als der des zweiten. Der Preis des Originalpräparats muss binnen drei Monaten nach Aufnahme des ersten Generikums in den EKO um mindestens 30 Prozent gesenkt werden.
Wird ein neues Medikament zugelassen, muss sich der Preis am Vergleichspräparat orientieren. Nur wenn es einen Zusatznutzen für den Patienten hat, darf es um zehn Prozent teurer sein.
Wegen der gestiegenen Herstellungskosten fordert die Pharmaindustrie seit Monaten die Möglichkeit einer Inflationsanpassung bei den Medikamentenpreisen. Für eine außerordentliche Preiserhöhung muss ein eigener Antrag bei der Sozialversicherung gestellt werden. Ein aus Sicht des Pharmaverbandes Pharmig mühsamer Prozess, der in der Regel negativ entschieden werde. Gefordert wird eine automatische Indexierung, wie es sie in anderen Ländern gibt.
Der wachsende Markt mit rezeptfreien, frei verkäuflichen Präparaten wie Hustenzuckerl oder -säften oder diverser Nahrungsergänzungsmittel unterliegt keiner Preisregulierung. Hier herrscht reger Wettbewerb.
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