Medikamentenengpässe: Entspannung vorerst nicht in Sicht

Medikamente (Symbolbild)
Aktuell sind 612 Präparate nicht oder eingeschränkt lieferbar. Die Pharmabranche gibt vorerst keine Entwarnung und fordert Preisanpassungen.

Die in weiten Teilen Europas anhaltende Grippe- und Erkältungswelle sorgt weiter für eine angespannte Verfügbarkeit bei wichtigen Medikamenten wie Antibiotika. In Österreich sind aktuell 612 Arzneimittel im Engpassregister des BASG (Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen) aufgelistet, 340 davon sind derzeit nicht lieferbar. Darunter sind auch gängige Erkältungsmittel, wenngleich es sich oft nur um bestimmte Packungsgrößen handelt.

"Wird wohl länger dauern"

Pharmavertreter geben für die nächsten Wochen von keiner Entspannung aus. Andreas Windischbauer vom Pharmagroßhandelsverband Phago rechnet im gesamten ersten Quartal noch mit eingeschränkter Lieferfähigkeit von bestimmten Produkten. Auch beim Branchenverband Pharmig ist man wenig optimistisch, sieht die Lage ob der multiplen Probleme jedoch differenzierter. "Es wird bei manchen Produkten schnell gehen, bei anderen werden die Engpässe wohl länger dauern", sagt etwa Pharmig-Vizepräsident Bernhard Wittmann. 

Zu den kurzfristigen Gründen wie die aktuell hohe Nachfrage kämen nämlich auch längerfristige Gründe wie die Abhängigkeit von Asien bei den Rohstoffen und bei den Generika, die zum Großteil dort gefertigt werden. "Es wird nicht realistisch sein, alles nach Europa zurückzuholen", sagt Wittmann. Denn aktuell sei es für viele Betriebe fast nicht möglich, kostendeckend hier zu produzieren. "Jeder will mehr Pharma-Produktion in Österreich, aber wenn es um die höheren Kosten geht, hört sich die Debatte oft schnell auf", so Wittmann. 

Inflationsanpassung gefordert

Um in Österreich und Europa trotz hoher Energiepreise noch wirtschaftlich produzieren zu können, forderte die Pharmig am Montag erneut die Möglichkeit der Inflationsanpassung bei Medikamenten. Diese sind bekanntlich staatlich preisreguliert. Anträge der Pharmahersteller auf Preisanpassung würden von der Sozialversicherung kategorisch abgelehnt, berichtet Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog.

"Wir können die Preise nicht einfach nach unserem Gutdünken anheben. Jedes Mal, wenn wir das müssten, weil die Energiekosten durch die Decke gehen, muss ein komplexer Prozess durchlaufen werden", klagt Herzog. Er fordert einen neuen Preis-Anpassungsmechanismus für etablierte Präparate. Es könne nicht sein, dass der Preis 10 oder 20 Jahre gleich bleibt. 

Notfall-Lager

Skeptisch sieht die Pharmig den zuletzt diskutierten Vorschlag zu einer erweiterten Notfallslagerung von Medikamenten in Österreich. Schon jetzt müssten die Hersteller lebensnotwendige Medikamente auf Lager halten. Meist sei das Präparat daher vorhanden, aber nur eingeschränkt lieferbar. Gebe es eine Pflicht zur Bevorratung, würden es alle EU-Länder horten wollen und es käme zu Hamsterkäufen wie beim Toilettenpapier während der Pandemie, so Herzog. 

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