Krebs: Wie Experten eigene Abwehrzellen gezielt scharf machen
„Es ist wahrscheinlich die komplizierteste Therapie, die je versucht wurde, sagt Antoni Ribas. „Wir wollen aus den Abwehrzellen des Patienten eine Armee machen.“
Der US-Krebsforscher von der University of California ist Co-Autor einer Studie mit 16 Patienten, deren Krebserkrankung (Darm-, Brust- oder Lungenkrebs) auf keine der bekannten Therapien mehr ansprach. Die Studie ist jetzt im Fachjournal Nature erschienen.
T-Zellen sind mit ihren Rezeptoren (Antennen) an der Zelloberfläche grundsätzlich in der Lage, Krebszellen aufzuspüren. „Wenn T-Zellen etwas sehen, das nicht normal aussieht, killen sie es“, sagt Stephanie Mandl von der US-Firma Pact Firma,die diesen Ansatz entwickelt hat. Mandl ist auch eine der Studienautorinnen. „Aber bei Krebspatienten verliert das Immunsystem ab einem gewissen Punkt den Kampf und der Tumor wächst.“ Es erkennen einfach zu wenige T-Zellen die Krebszellen.
Die Forscher untersuchten zunächst, welche „Antennen“ auf den Abwehrzellen notwendig sind, um die Krebszellen aufspüren zu können.
Dann entnahmen sie aus dem Blut weitere T-Zellen, die diese speziellen Rezeptoren nicht hatten.
Mit der Genschere Crispr/Cas9 veränderten sie die Zellen dann so, dass danach auch sie diese ganz speziellen Rezeptoren hatten, um den Krebs erkennen zu können.
Diese transformierten T-Zellen wurden dann den Patienten injiziert. Die Forscher konnten nachweisen, dass die Zellen den Weg zum Tumor fanden. Bei fünf der 16 Patienten konnte die Erkrankung stabilisiert werden, der Krebs breitete sich zumindest im ersten Monat nach der Therapie nicht mehr weiter aus.
Da aus Sicherheitsgründen nur wenige gen-modifizierte T-Zellen zurückgeführt wurden, war eine Heilung nicht zu erwarten. Aber der Beweis, dass die Methode funktionieren kann, ist gelungen.
"Das ist ein Sprung nach vorne in der Entwicklung einer personalisierten Behandlung für Krebs", sagt Ribas. Mehrere Experten kommentierten die Studienergebnisse in die Richtung, dass sie überzeugend demonstrieren würden, was mit neueren Technologien in Zukunft alles möglich sein könnte.Die Studie sei eine Art Türöffner.
Bei der Arbeit mit den 16 Patientinnen und Patienten handelte es sich um eine sogenannte Phase-1-Studie. Ihr Ziel war es, die Sicherheit und grundsätzliche Machbarkeit der aufwendigen Technologie zu demonstrieren, und dabei auch zu zeigen, dass die Abwehrzellen den Weg Richtung Tumor finden. Eine Aussage über die Wirksamkeit war in diesem frühen Stadium noch kein Ziel, auch die Dosierung der T-Zellen war dafür viel zu gering.
Nur zwei Patienten zeigten Nebenwirkungen, die wahrscheinlich eine Folge der T-Zell-Aktivität waren, insgesamt wurde die Therapie sehr gut vertragen.
Ein breiter Einsatz dieser Therapie ist aber noch in weiterer Ferne: "Der Herstellungsprozess der T-Zellen ist extrem kompliziert", wird in einem Begleitartikel zur Studie der Krebsforscher Joseph Fraietta von der University of Pennslyvania in Philadelphia zitiert. In manchen Fällen könne derzeit noch der gesamte Produktionsprozess mehr als ein Jahr dauern.
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