Solche Komplexe aus Antikörper und Chemotherapie werden bereits u.a. in der Therapie einer speziellen Form von Brustkrebs, dem HER2-positiven Brustkrebs, eingesetzt, von dem rund 15 bis 20 Prozent der Patientinnen betroffen sind. Sie haben an der Oberfläche ihrer Krebszellen spezielle Rezeptoren (Antennen), HER 2 genannt, an die Wachstumsfaktoren andocken können und damit die Teilung und Vermehrung der Zellen beschleunigen. Der Antikörper Trastuzumab kann aber ebenfalls an diese Rezeptoren binden – und sie damit für diese Wachstumsfaktoren blockieren. Das Tumorwachstum wird so in vielen Fällen gestoppt.
Allerdings: „In den bisherigen Studien waren keine Patientinnen und Patienten mit aktiven Gehirnmetastasen eingeschlossen. Man hat immer befürchtet, dass diese chemischen Verbindungen aus dem Antikörper Trastuzumab und der Chemotherapie Deruxtecan nicht die Blut-Hirn-Schranke überwinden können, weil es sich um sehr große Moleküle handelt“, erklärt Preusser: „Wir haben aber immer schon geglaubt, dass es doch funktionieren könnte, und haben deshalb diese Studie durchgeführt.“
An der Studie nahmen 14 Frauen und ein Mann (rund ein Prozent der Brustkrebserkrankungen betreffen Männer) teil. Alle hatten HER2-positiven Brustkrebs und Gehirnmetastasen. Im Abstand von drei Wochen erhielten sie Infusionen der Antikörper-Chemotherapie-Kombination.
Das Ergebnis: Bei elf der 15 Probanden (73,3 %) verkleinerten sich die Metastasen. Bei zwei der 15 Probanden (13,3 %) waren die Metastasen in der Magnetresonanztomografie gar nicht mehr sichtbar.
"Das Ergebnis stimmt zuversichtlich"
„Natürlich wissen wir jetzt noch nicht, wie lange dieser positive Effekt anhält, was er für die Überlebenszeit bedeutet. Aber allein diese hohe Ansprechrate ist ein sehr positives Ergebnis, das uns zuversichtlich stimmt“, betont der Onkologe.
Positiv ist auch noch eine weitere Erkenntnis: Es kam durch diese Therapie zu keiner Beeinträchtigung der Gehirnfunktion, also etwa des Gedächtnisses oder des Sprachverständnisses. „Das kann bei anderen Therapien von Gehirnmetastasen – etwa der Bestrahlung – durchaus der Fall sein.“
Angesichts der positiven Ergebnisse sind jetzt weitere Studien geplant, auch mit anderen Arten von Gehirntumoren – etwa bei Metastasen, der Ausgangstumor Lungenkrebs ist. „Oder auch bei sogenannten primären Gehirntumoren, den Glioblastomen.“
Was Brustkrebspatientinnen betrifft, können die neuen Erkenntnisse rasch in die Praxis umgesetzt werden: „Dieses Medikament ist ja in der EU bereits für die Therapie dieser speziellen Brustkrebs-Form zugelassen. Aufgrund der Studienergebnisse ist es gerechtfertigt, das Präparat auch bei Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs auch dann einzusetzen, wenn im Verlauf der Erkrankung Gehirnmetastasen aufgetreten sind.“
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