Diagnose Brustkrebs: "Mit 98 Kilo ins Spital, mit 55 hinaus"

Diagnose Brustkrebs: "Mit 98 Kilo ins Spital, mit 55 hinaus"
Drei Frauen haben die Diagnose Brustkrebs erhalten. Was sie dabei empfanden und wie sie gegen die Krankheit kämpfen, erzählen sie im persönlichen Interview.

Als Susanne Safer  die Diagnose Brustkrebs erhielt, war sie „glücklich“, denn „in dem Moment bist du froh, wenn du nichts Besonderes bist, sondern den  ‚kommerziellen’ Brustkrebs kriegst.“ Auch Sittika Berhayat erinnert sich noch genau an den Moment, der ihr Leben von einem Tag auf den anderen auf den Kopf stellte: „Ich war wie paralysiert.“ Kaum ein Jahr ist es her, dass sie bei einer Mammografie erfuhr, dass in ihrer Brust ein bösartiger Tumor wächst.  

Kein Todesurteil

Wie vielen Frauen Marija Balic im Laufe ihrer Karriere schon sagen musste, dass sie Brustkrebs haben, weiß sie heute nicht mehr. Balic ist als Onkologin im Brustzentrum des LKH Graz tätig. Zu ihr kommen hauptsächlich Frauen, bei denen  die Krankheit schon im Vorfeld festgestellt worden ist. Jede Woche konfrontiert sie aber  mindestens acht bis zehn neue Patientinnen mit der Diagnose Brustkrebs. „Aufgewühlt sind alle Frauen – unabhängig von der Prognose“, erzählt sie. Das löse sich jedoch meist im Rahmen des Gesprächs und der weiteren Betreuung auf. 

„Nachdem ich erfahren habe, dass das kein Todesurteil ist, es wirklich sehr gute Heilungschancen  gibt und es bei mir eigentlich eine Früherkennung war, war ich dann schon erleichtert. Mein Behandlungsplan gab mir ein Ziel“, sagt auch Sittika Berhayat. Denn obwohl Brustkrebs eine sehr vielfältige Erkrankung ist, sind die Heilungschancen heute gut. „Wird er im frühen Stadium entdeckt, bleiben mindestens zwei Drittel der Frauen frei von Metastasen“, sagt die Ärztin. Früherkennung sei essenziell: Spätestens ab dem 45. Lebensjahr sollte jede Frau zur Vorsorgeuntersuchung kommen. Jene, die genetisch vorbelastet sind, mindestens  fünf Jahre vor dem Zeitpunkt, an dem ihre Familienmitglieder diagnostiziert wurden, so die Ärztin.

Diagnose Brustkrebs: "Mit 98 Kilo ins Spital, mit 55 hinaus"

Zuversicht

In der Forschung habe sich in den vergangenen Jahren sehr viel getan, freut sich Balic. Immun- und Antikörpertherapien können heute  immer häufiger die traditionelle Chemotherapie ersetzen. „Es gibt immer mehr neue Optionen auch für fortgeschrittene Stadien.  Damit werden Überlebensjahre gewonnen – und das mit einer guten Lebensqualität.“ Dieser Bereich der Onkologie stimmt heute deutlich optimistischer, „als er es tat, als ich begonnen habe“.

Dass auch die 66-jährige Christa Bleyer Optimismus ausstrahlt ist nicht selbstverständlich. Sie hat eine 26-jährige Krankheitsgeschichte hinter sich: 1996 wurde ihr Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert. Sieben Jahre später hielt ihr der Arzt die Hand, als er ihr sagte, dass sie Brustkrebs hat. Mehrere Rückfälle folgten, 2015 wurden beide Brüste und Bleyers Eierstöcke entfernt. Vor jeder Kontrolle ist sie nervös:  „Ich weiß, dass mich der Krebs mein ganzes Leben begleiten wird“, sagt sie heute nüchtern.

Denn nach ihrer ersten Brustkrebsdiagnose hatte sie nur einen großen Wunsch: Zumindest durch die Kindergartenzeit wollte sie ihre Enkel noch begleiten dürfen. Mittlerweile ist ihre Enkeltochter 18 Jahre alt und Bleyer als Oma noch immer an ihrer Seite. „Ich liebe das Leben“ sagt die Pensionistin, gerade auch weil das Sterben immer ein „bisserl im Hinterkopf ist“.  Wichtig war für sie stets ein offener Umgang mit der Krankheit: „Man kann uns ohne weiteres fragen ‚Du, wie geht’s dir?‘“, sagt sie. „Aber dann schaut uns dabei an. Dann wissen  wir,  der ist wirklich interessiert.“ 

Risikofaktor Frau

Eine von acht Frauen erkrankt im ihrem Leben an Brustkrebs. Umso wichtiger ist es, sagt die Ärztin, biologische Riskofaktoren im Auge zu behalten: ein frühes Einsetzen der Periode, eine späte Menopause, keine oder wenige Kinder. „Wichtig ist auf jeden Fall – und zwar nicht nur  präventiv, sondern auch begleitend bei der Erkrankung –  ausgewogene Ernährung und wirklich auch regelmäßiges körperliches Training.“ Auch  mental sollen betroffene Frauen unterstützt werden. „Ich weise gleich beim Erstgespräch darauf hin, dass wir psychologische Begleitbetreuung an der Abteilung haben, die den Frauen gerne zur Verfügung steht. Sei es während der Therapie, aber auch außerhalb.“ Es sei wichtig, über das Erlebte zu sprechen, ist Balic überzeugt. „In der Pandemie gab es eine Gruppe junger Frauen, die zeitgleich diagnostiziert wurden und die noch im Wartezimmer eine Whatsapp-Gruppe gebildet haben“, erzählt sie. 

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Auch schwierige und emotionale Themen, wie einen bestehenden Kinderwunsch, müsse man während der Behandlung offen ansprechen, sagt die Onkologin. Von Frau zu Frau sei das oft leichter. „Es gibt  zunehmend Studien, die untermauern, dass es möglich ist, nach der Diagnose Brustkrebs Kinder zu bekommen und dass es weder zum Nachteil vom Kind noch  der Mutter ist.“ 

Ein Beispiel dafür ist Susanne Safer. Ihr wurde 2010  bei der Diagnose  noch klar vermittelt, dass sich ihr Kinderwunsch aufgrund der Erkrankung eher nicht erfüllen würde. „Das Leben entscheidet da jetzt einfach darüber“, akzeptierte sie  diese  Tatsache.  Und dann wurde sie Jahre später, mit 43, doch noch Mutter. „Erst letztes  Jahr habe ich meinen Onkologen gefragt, ob es sicherer ist, mir die Brüste ganz abnehmen zu lassen. Weil jetzt will ich bleiben.“  

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