Erinnerung wie ans Kfz-Service: Wie sich die Krebsvorsorge in Österreich verbessern lässt

Eine Frau im Gespräch mit einer Ärztin.
Die allermeisten Menschen wissen, dass Vorsorgeuntersuchungen die Gesundheit erhalten, zeigt eine neue Studie. Dennoch geht ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung nicht regelmäßig zu den Kontrollen. Wie lässt sich das ändern?

"An Vorsorgeuntersuchungen sollte so erinnert werden, wie an die abendliche Tischreservierung im Restaurant – oder das Auto-Service in der Kfz-Werkstatt", bringt es Julia Fuchs, Krebsexpertin von MSD Österreich, auf den Punkt. Wie wichtig es wäre, Kontrolltermine zur Früherkennung von Krankheiten wie beispielsweise Krebs aktiv ins Gedächtnis zu rufen, zeigt eine neue Studie des Pharmakonzerns, die in Kooperation mit IMAS International durchgeführt wurde: Demnach hat ein Viertel der Österreicherinnen und Österreicher noch nie an einer Vorsorgeuntersuchung zur Krebsfrüherkennung teilgenommen. 

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Vor allem junge Menschen sind vorsorgeträge, auch Männer – jeder dritte war noch nie bei der Krebsvorsorge – nehmen das Angebot zu selten in Anspruch.

Bedeutung von Vorsorge ist bekannt, es mangelt an klaren Anleitungen zur Umsetzung

Dabei ist dem Gros der Bevölkerung durchaus bewusst, dass diese maßgeblich zum Erhalt der Gesundheit beitragen. "Jeder Zweite fühlt sich aber noch nicht ausreichend darüber informiert, an wen er sich wo und in welcher Frequenz diesbezüglich wenden kann", sagt Fuchs. 

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Ein effektiver Hebel, um diesen sogenannten Awareness-Information-Gap, also die Lücke zwischen Bewusstsein und Wissen bzw. dem danach ausgerichteten Verhalten, zu schließen, seien digitale Maßnahmen: Erinnerungen per Textnachricht am Handy oder E-Mail etwa, aber auch konkrete Einladungen mit automatischer Terminvergabe oder zentrale Buchungsplattformen für alle Vorsorgetermine. Vor allem bei Jüngeren könne das die Bereitschaft, zur jährlichen kostenlosen allgemeinen Vorsorgeuntersuchung zu gehen, erhöhen. Und das sei laut Fuchs mehr als wünschenswert, denn: "Je früher eine Diagnose gestellt werden kann und je früher eine Therapie beginnt, desto mehr wertvolle Lebenszeit gewinnt man als Patient oder Patientin."

Hoher Zweifel am krebserregenden Potenzial des Rauchens

Besonders dramatisch wirkt sich eine späte Diagnose bei Lungenkrebs aus. Gleichzeitig gestaltet sich die Früherkennung bei dieser Krebsart sehr schwierig, wie Bernd Lamprecht, Facharzt für Pneumologie und Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler Universitätsklinikum Linz, erklärt. "Bei Lungenkrebs gibt es kaum Frühsymptome, weswegen aktuell die Hälfte aller Diagnosen in einem späten Stadium gestellt wird. Trotz inzwischen exzellenter, innovativer Therapien sind wir bei der Behandlung in dieser fortgeschrittenen Phase der Erkrankung noch nicht so erfolgreich, wie wir es uns wünschen würden."

Zigarettenrauch ist in Österreich der Hauptrisikofaktor für Lungenkrebs. Besonders tückisch: Laut der aktuellen Befragung zweifeln knapp 40 Prozent der Bevölkerung das krebserregende Potenzial des Zigarettenrauchens nach wie vor an. "Mit ein Grund, warum wir hierzulande im EU-Vergleich eine überdurchschnittlich hohe Raucherquote haben", betont Lamprecht. 

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Mit weitreichenden Folgen: Pro Jahr werden rund 5.000 Neuerkrankungen – und damit besonders viele – diagnostiziert. Bei Frauen ist  Lungenkrebs die zweithäufigste Krebserkrankung nach Brustkrebs, bei Männern die zweithäufigste nach Prostatakrebs.

Lamprecht plädiert für mehr Präventionsmaßnahmen: "Wir müssen dafür sorgen, dass weniger Menschen sich dem Risikofaktor Rauchen aussetzen, Jüngere also gar nicht erst damit anfangen und Ältere zum Aufhören animiert werden. Und wir müssen Früherkennungssysteme etablieren, um zu verhindern, dass die Krankheit zu spät erkannt wird." Insbesondere bei Letzterem hinke Österreich hinterher. In Studien hat sich gezeigt, dass eine sinnvolle Früherkennung gelingen kann, indem eine spezielle Zielgruppe – 50- bis 75-Jährige, die aktive Raucher sind, lange geraucht haben oder erst kürzlich damit aufgehört haben – regelmäßig mittels bildgebender Verfahren, Röntgenaufnahmen oder einer Computertomografie, untersucht werden. "Dann kann der Lungenkrebs schon diagnostiziert werden, wenn er noch gar keine Beschwerden verursacht", sagt Lamprecht.

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Den Krebs vollständig heilen

Darüber hinaus müsse auch die Aufklärungsarbeit weiter vorangetrieben werden, sagt Philipp Jost, Facharzt für Onkologie und Leiter der klinischen Abteilung für Onkologie an der Medizinischen Universität Graz. "Vielen Menschen ist nicht klar, dass Früherkennung bei Krebs bedeuten kann, dass ein Tumor vollständig entfernt und die Erkrankung komplett geheilt werden kann." Es gelte, die Gesamtheit aller Früherkennungs- und Screeningverfahren und deren Nutzen zu bewerben, "um Gesundheitssysteme zu entlasten und Patientinnen und Patienten viele Lebensjahre schenken zu können".

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