Ungleiche Mortalität
Laut WHO lag die Zahl der Todesfälle aufgrund des Coronavirus bis zum 10. März bei rund 3.100 in China, etwa 460 in Italien und knapp 230 im Iran. 54 Tote wurden in Südkorea beklagt, 30 in Frankreich, 28 in Spanien und 19 in den USA. Der Rest der Welt verzeichnete bisher weniger als zehn Todesfälle. Diese Zahlen stehen wiederum der Gesamtzahl der Infizierten gegenüber – daraus ergibt sich die Sterblichkeitsrate.
Ja nach Land weichen die Mortalitätsraten mitunter stark voneinander ab. Die Zahlen aus Italien sind derzeit jedenfalls frappierend: In allen verfügbaren Statistiken werden um die fünf Prozent Mortalitätsraten angegeben. In Deutschland verläuft die Ausbreitung des Virus vergleichsweise glimpflich: Es gibt derzeit mehr als 1.500 bestätigte Coronavirus-Infizierte und drei Todesfälle. Die Sterblichkeitsrate ist damit in Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten weiterhin extrem niedrig.
Ursachenforschung
Wie kann das sein? "Die Infektionskurven in Italien und Deutschland unterscheiden sich nicht so wesentlich, nur hat der Ausbruch in Italien vermutlich deutlich früher begonnen und wurde möglicherweise relative lange nicht bemerkt", erklärt Michael Wagner, Mikrobiologe und Leiter des Zentrums für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft an der Universität Wien. "Viele Experten vermuten, dass die tatsächliche Zahl an Infizierten in Italien noch deutlich höher ist. Dies würde auch erklären, warum es so viele schwere Verläufe gibt." Hinzu komme, dass es in Italien viele hochaltrige Personen gibt.
In Südkorea liegt die Mortalitätsrate derzeit bei etwa 0,4 Prozent. Südkorea agiere im Umgang mit dem neuartigen Virus auch "vorbildlich", schildert Wagner: "Dort wird ein riesiger Aufwand betrieben, um alle Infizierten aufzuspüren."
Für die USA prognostiziert der Mikrobiologe unterdessen einen Anstieg der Infektionszahlen: "Es würde mich nicht wundern, wenn wir bald in den USA eine ähnliche Entwicklung wie in Italien sehen werden. Dort wird im Vergleich zu anderen Ländern extrem wenig getestet und es kann durchaus sein, dass darum sehr viele Infizierte noch nicht entdeckt wurden."
Neben der Altersstruktur der Bevölkerung, der Zahl der Tests und den Maßnahmen der Gesundheitsbehörden gibt noch andere Faktoren, die die beobachtete Sterblichkeitsrate beeinflussen: "Zum einen ist ausschlaggebend, ob tatsächlich alle Infizierten erfasst werden“, sagt Wagner. Werden viele Infizierte mit leichten Symptomen nicht erfasst, wird die Sterblichkeitsrate tendenziell überschätzt. "Der andere Faktor ist die Überlastung des Gesundheitssystems. Wenn man nicht mehr alle schwer erkrankten Patienten ausreichend behandeln kann, steigt die Sterblichkeitsrate deutlich an."
In Österreich und Deutschland werden derzeit alle Schwerkranken adäquat versorgt. In Hubei gelang dies aufgrund der riesigen Zahl an schwerkranken Patienten nicht mehr. Die Sterblichkeit war darum dort deutlich höher als anderorts in China und der Welt. "Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es durchaus passieren kann, dass die Sterblichkeitsrate in Österreich oder Deutschland bei einer Überlastung des Systems ebenfalls ansteigen wird."
Schlechte Prognose durch Rauchen
Zudem scheinen Raucher eine schlechtere Prognose zu haben und der Anteil der Raucher variiert deutlich zwischen verschiedenen Ländern.
Die Sterblichkeitsrate ist jedenfalls eine zentrale Zahl, auf Basis derer das öffentliche Gesundheitswesen auf Krankheitsausbrüche reagiert. Je tödlicher eine Krankheit ist, desto stärker wird das öffentliche Leben eingeschränkt – wie in Österreich derzeit etwa durch Grenzkontrollen, Schließungen von Universitäten oder die Absage von Großereignissen.
Kommentare