Intravenöse Behandlung
Die Lungenkrankheit, die durch das Virus verursacht wird, kann momentan nicht gezielt therapiert werden, weil keine Arznei dagegen existiert. Noch nicht. Denn Penningers Forschungen sind weit gediehen. "Ursprünglich war eine kleine Pilotstudie in China mit 24 schwerstkranken Patienten angedacht, die schon vergangene Woche über die Bühne hätte gehen sollen", sagt Penninger, der seit 2018 das renommierte "Life Sciences Institute" an der kanadischen University of British Columbia leitet und dem KURIER vor der Veranstaltung exklusiv Fragen beantwortete. "In enger Abstimmung mit den chinesischen Gesundheitsbehörden haben wir uns aber jetzt dazu entschlossen, gleich eine klinische Studie zu starten, um aussagekräftigere Ergebnisse zur Wirksamkeit zu bekommen und schnellstmöglich die Voraussetzungen für die Arzneimittelzulassung zu schaffen."
Der Wirkstoff-Kandidat APN01 soll in zwei bis drei Woche direkt in Wuhan Patienten mit schweren Symptomen verabreicht werden. "Zurzeit ist die Behandlung so geplant, dass den Betroffenen sieben Tage lang zwei Mal täglich die Substanz intravenös gegeben wird." Ein derart unverzüglicher Behandlungsstart erscheint ungewöhnlich. Bis Impfstoffe oder Medikamente am Menschen angewandt werden, müssen sie umfangreich getestet werden.
"Bei mir ging die Glühbirne an"
Dazu muss man jedoch wissen: Penninger hat das Virus schon vor 15 Jahren durchschaut. 2005 konnte der gebürtige Oberösterreicher entschlüsseln, warum die SARS-Pandemie damals so tödlich verlief. Das "Schwere Akute Respiratorische Syndrom" trat erstmals Ende 2002 auf und ging auf ein bis dahin unbekanntes Coronavirus zurück. Das Erbgut des aktuell grassierenden Coronavirus ähnelt dem SARS-Virus stark. "Als nach den ersten Erkrankungsfällen in China in der letzten oder vorletzten Jänner-Woche dieses Jahres erste genaue Informationen zum neuen Coronavirus veröffentlicht wurden, ging bei mir die Glühbirne an. Ich wusste, dass unsere bisherigen Forschungen hochrelevant für die aktuelle Epidemie sein können."
2005 rief Penninger auch die Wiener Biotechfirma Apeiron ins Leben, um eine effektive Substanz gegen SARS zu entwickeln. Deren Wirksamkeit und Sicherheit wurden bereits im Zuge der SARS-Studien getestet. Damit legte der ehemalige Leiter des Instituts für Molekulare Biotechnologie der Akademie der Wissenschaften in Wien die Rutsche für jenes Medikament, das nun Hunderttausende Corona-Patienten heilen könnte.
Produktion in den Startlöchern
"In etwa vier Monaten sollten wir wissen, ob das Medikament funktioniert. Was wir natürlich hoffen", sagt Penninger. Erst dann könne das Projekt in die nächste Phase gehen: "Dann müssen wir den Wirkstoff in großen Mengen herstellen und den Menschen in den betroffenen Regionen zur Verfügung stellen. Dafür bauen wir im Hintergrund jetzt schon die entsprechende Produktions-Infrastruktur auf."
Die Frage nach einem Gegenmittel wird ohnehin immer drängender. Angesichts der aktuellen Lage in Europa mit beträchtlichen Krankheitsherden in Italien werden die entwickelnde Firma und die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) alles daran setzen, die Entwicklung eines Medizinprodukts entsprechend zu beschleunigen.
Penninger ist zuversichtlich, in etwa neun Monaten einen fertigen Arzneistoff entwickelt zu haben: "Wenn wir von unserem jetzigen Wissensstand ausgehen, ist APN01 der logischste Wirkstoff gegen das neue Coronavirus. Es wäre eine Sünde, ihn nicht zu testen."
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