Mikrobiologe: "Diese Viren-Epidemie wird sicher nicht die letzte sein"

Das neuartige Coronavirus hält die Welt in Atem.
Mikrobiologe Michael Wagner verurteilt im KURIER-Interview die anfängliche Verharmlosung des neuartigen Coronavirus.

Experte Michael Wagner, Leiter des Zentrums für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft an der Universität Wien, sieht "keinen Grund zur Panik, aber auch keinen Grund die Dinge zu verharmlosen".

KURIER: Viele wundern sich, warum das Coronavirus viel aggressiver bekämpft wird als die saisonale Grippe. Können Sie den Hintergrund erklären?

Michael Wagner: Es ist eine dramatisch andere Situation. Erstens ist die Sterblichkeit bei COVID-19 (Name der Krankheit, die durch das Virus ausgelöst wird, Anm.) deutlich höher. Zweitens werden durch einen Infizierten mehr Personen angesteckt als bei der saisonalen Grippe. Drittens gibt es gegenüber dem neuartigen Coronavirus keine Immunität in der Bevölkerung. Bei der saisonalen Grippe haben viele schon schützende Antikörper gebildet, weil sie denselben oder einen nah verwandten Virusstamm der Grippe schon hatten oder geimpft sind. Es gibt eine gewisse Herdenimmunität. Diese Wellenbrecher in der Gesellschaft, die die Epidemie bremsen könne, gibt es beim neuen Coronavirus nicht. Ich fand es deswegen unangebracht, dass einige Experten zu Beginn der Epidemie Vergleiche mit der saisonalen Grippe gezogen haben und sogar meinten, dass sich vor diesem Virus niemand fürchten müsse. Das passt mit dem vorhandenen Wissen nicht zusammen und die Menschen sind nun natürlich verwirrt, warum von der Politik derart drastische Maßnahmen ergriffen werden müssen. Es besteht kein Grund zur Panik, aber auch kein Grund die Dinge zu verharmlosen.

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