Epidemiologe zu Corona-Tests: „Derzeit gibt es keine Teststrategie“
„Im Prinzip gibt es – mit Ausnahme der Schulen – derzeit keine Teststrategie, jedes Bundesland macht, was es will“, sagt der Epidemiologe Gerald Gartlehner von der Donau-Uni Krems zum KURIER. „Ich sehe das Testen in Österreich auch mehr als nettes, freundliches Bürgerservice, aber nicht als epidemiologische Maßnahme.“
Die Realität sei, dass es ein unkontrolliertes Infektionsgeschehen gebe, „und das werden wir mit dem Testen wahrscheinlich kaum beeinflussen können.“ Deutschland etwa teste viel weniger und stehe auch nicht schlechter da als Österreich. "Umgekehrt müssten wir besser dastehen, wenn das Testen, so wie wir es derzeit haben, wirklich einen epidemiologischen Nutzen hätte."
Laut Gartlehner sollten alle Personen mit Symptomen getestet werden und alle vulnerablen Gruppen, etwa Gesundheitspersonal sowie Seniorenwohnhäuser – und die sollten schnell und verlässlich ihre Ergebnisse bekommen: „Und natürlich ist es auch sinnvoll, wenn eine ungeimpfte Friseurin sich testet. Aber bei geimpften Studenten, die für ein Praktikum auch PCR-getestet sein müssen, ist der Zusatznutzen minimal.“
Befürworter von breiten Tests argumentieren, dass Omikron-Infizierte zumindest eine Woche infektiös sind. Auch wenn das Ergebnis erst am zweiten oder dritten Tag vorliege, sei der Zeitraum, in dem man möglicherweise unentdeckt infektiös ist, kürzer. „Dieses Argument hatte bei früheren Varianten wahrscheinlich mehr Berechtigung: Bei Omikron ist die Zeit von einer Ansteckung zur nächsten auf zirka drei Tage reduziert, das geht so schnell, sodass der Zusatznutzen des vielen Testens wahrscheinlich minimal ist.“ Da man in der Regel immer mit denselben Menschen Kontakt habe, „steckt man die Leute wahrscheinlich schon am Tag eins, zwei oder drei der Infektiosität an, bevor es ein PCR-Testergebnis gibt – weil es mit Omikron so schnell geht.“
Testungen aus Neugier
Die Schultestungen seien grundsätzlich sinnvoll, „weil Schulen der einzige Ort sind, wo wir halbwegs eine Übersicht über das Infektionsgeschehen haben“. Während manche Experten drei PCR-Tests pro Woche fordern, geht Gartlehner davon aus, dass ein PCR-Test und zwei Antigen-Tests pro Woche ausreichend sind. Kritisch sei auch zu sehen, dass sich viele während der Absonderung täglich PCR-testen lassen, um aus Neugier den Ct-Wert zu erfahren.
Gartlehner ist auch davon überzeugt, dass mit der Einführung der Impfpflicht eine Diskussion über kostenpflichtige Tests notwendig wird. "Von der Logik widerspricht es sich, wenn man sagt, man führt eine Impfpflicht ein, und alle, die das Gesetz ignorieren, bekommen die Tests weiterhin gratis. Ich glaube, dass sich bei kostenpflichtigen Tests, und wenn es nur ein Kostenbeitrag ist, sich dann doch viele zur Impfung motivieren lassen würden."
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