Dritter Stich: Ist Moderna oder Biontech/Pfizer besser?
Wer unter den Ersten war, die eine Covid-Impfung erhalten haben, kann bereits zur Auffrischungsimpfung. Das Nationale Impfgremium (NIG) empfiehlt Risikopersonen sechs bis neun Monate, allen anderen neun bis 12 Monate nach der zweiten Dosis eine Booster-Impfung. Die Drittimpfungen erfolgen derzeit ausschließlich mit den mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna. Das NIG betont, dass beide gleich gut schützen.
Einzelne Ärzte sprechen sich laut KURIER-Informationen jedoch für ein heterologes Impfen aus – das heißt, nach zweimal Biontech/Pfizer möchten sie den Impfstoff von Moderna erhalten. Gesundheitspersonal, das jetzt zur Drittimpfung drankommt, ist mit zwei Dosen von Biontech/Pfizer geimpft, da anfangs nur dieser Impfstoff verfügbar war.
Ein Zahnarzt aus Wien erzählt, er erwarte sich von einem Booster mit Moderna deutlich mehr Schutz. Ähnliches berichten Mediziner anderer Fachrichtungen – sie wollen nicht genannt werden, offiziell ist die Haltung der Ärztekammer jene des NIG. Tatsächlich sind beide effektiv, es mehren sich aber die Hinweise, dass es doch Unterschiede gibt. Studien aus verschiedenen Ländern zeigen eine Wirksamkeit von Moderna gegen schweren Erkrankungen zwischen 92 und 100 Prozent. Die Wirksamkeit von Biontech/Pfizer liegt zehn bis 15 Prozentpunkte zurück.
Mehr Antikörper
Von der US-Behörde CDC veröffentlichte Daten ergaben, dass die Wirksamkeit zur Vorbeugung von Krankenhausaufenthalten bei Biontech/Pfizer vier Monate nach der zweiten Dosis von 91 auf 77 Prozent zurückging. Bei Moderna wurde im gleichen Zeitraum kein Rückgang beobachtet. Hinsichtlich der Antikörperspiegel zeigt eine Studie im Journal of the American Medical Association aus Belgien, dass der Impfstoff von Moderna mehr als doppelt so viele Antikörper erzeugt.
Ist also Moderna der bessere Impfstoff? „Es ist noch etwas zu früh, das zu sagen. Es gibt einige Studien, die eine bessere Langzeitwirkung sehen und das könnte mit der höheren Dosis an RNA oder der Formulierung des Impfstoffes zusammenhängen. Aber da könnten auch einige andere Faktoren wie Unterschiede der Studienpopulation mitspielen“, meint der österreichische Virologe Florian Krammer, der an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York (USA) forscht.
Gemeint ist beispielsweise, dass der Impfstoff von Biontech/Pfizer früher verfügbar war und vor allem ältere Personen damit geimpft wurden. Bei ihnen lässt der Immunschutz schneller nach als bei Jüngeren – dies könnte Studienergebnisse beeinflussen.
Höhere Dosis bei Moderna
Die höhere Dosis – bei Moderna werden 100 Mikrogramm verabreicht, bei Biontech/Pfizer 30 Mikrogramm – ist der Hauptunterschied zwischen den beiden. Die höheren Antikörperspiegel durch Moderna werden damit in Zusammenhang gebracht. Zuletzt hat das Team von Moderna gezeigt, dass die halbe Dosis, also 50 Mikrogramm, immer noch die Antikörperspiegel in die Höhe schnellen ließ. Moderna reichte daher bei der US-Gesundheitsbehörde FDA für die Auffrischung die halbe Dosis ein. Diese Daten werden nun geprüft.
In Österreich wird bereits mit Moderna aufgefrischt – mit der ganzen Dosis. Bisher gibt es international nur wenig Daten zur Auffrischungsimpfung. Die meisten stammen aus Israel, das Ende Juli als erstes Land damit begann, Drittimpfungen zu verabreichen. Eine Studie im New England Journal of Medicine zeigt, dass diese älteren Menschen einen deutlich höheren Schutz vor einer Ansteckung und schweren Erkrankung bietet. Sie hatten dreimal die Impfung von Biontech/Pfizer erhalten.
Kreuzen oder nicht?
Weniger bekannt ist eine Untersuchung, die sich derzeit noch im Preprint befindet, also noch nicht von Fachkollegen begutachtet ist. US-Forscher verglichen bei rund 460 Personen, inwiefern sich homologe (dreimal der gleiche Impfstoff) und heterologe Booster (zweimal der gleiche, einmal ein anderer Impfstoff) unterscheiden. Das Ergebnis: Ein homologer Booster erhöhte die neutralisierenden Antikörper um das 4,2 bis 20-fache, während ein heterologer Booster die Antikörper um das 6,2- bis 76-fache erhöhte. Sowohl das Mischen als auch das Beibehalten der Impfstoffe war gut verträglich.
Bei Personen, die eine Einzeldosis von Johnson & Johnson sowie eine Auffrischung von Moderna erhalten hatten, stiegen etwa die Antikörperspiegel innerhalb von 15 Tagen um das 76-fache an. Erhielten Personen hingegen eine zweite Dosis Johnson & Johnson, kam es nur zu einem vierfachen Anstieg. Auch eine Auffrischung mit Biontech/Pfizer erhöhte die Antikörper mehr als Johnson & Johnson selbst, jedoch nicht so stark wie Moderna.
„Kreuzimpfungen führen oft zu einer stärkeren Immunantwort. Wir wissen das aus der Entwicklung von Influenza- oder HIV-Impfstoffen. Bezüglich der beiden mRNA-Impfstoffe sehe ich aber nicht viele Unterschiede dahingehend, ob mit dem gleichen oder einem anderen mRNA-Impfstoff aufgefrischt wird“, betont Krammer. Die Diskrepanz zwischen den beiden ist vorhanden, aber gering. Fraglich ist, welche Konsequenzen sie tatsächlich hat.
Astra Zeneca und Johnson & Johnson
Für Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des NIGs, gibt es derzeit keine wissenschaftlichen Daten, die ein Mischen der beiden mRNA-Impfstoffe stützen. „Die Daten zu den beiden mRNA-Impfstoffen sind sehr gut, sie bieten einen sehr potenten und sehr stabilen Impfschutz.“ Das heterologe Impfen empfiehlt sie derzeit nur für Personen, die mit den Impfstoffen von Astra Zeneca oder Johnson & Johnson erstgeimpft wurden. Sie sollen einen mRNA-Booster erhalten. In den USA berät die FDA derzeit darüber, ob sie einen solchen „Mix and Match“-Ansatz zulässt, also Kreuzimpfen. Dies beruht nicht allein auf Überlegungen zur Wirksamkeit, sondern auch auf logistischen – können die Impfstoffe gemischt werden, ist man bei der Verteilung flexibler.
Ob in Österreich der dritte Impfstoff gewählt werden kann, ist momentan nicht geregelt. „Ich würde es nicht begrüßen, das zu tun. Es ist immunologisch nicht notwendig, einen Impfstoff auszuwählen – beide mRNA-Impfstoffe sind verfügbar und beide sind sehr gut“, so Wiedermann-Schmidt.
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