Covid-Impfung: Gibt es Auswirkungen auf die männliche Fruchtbarkeit?
Gibt es einen Zusammenhang zwischen einer Covid-Impfung und Störungen der männlichen Potenz bzw. ihrer Fruchtbarkeit? Und wie lässt sich diese Frage für (ungeimpfte) Männer beantworten, die eine Covid-Infektion hinter sich haben? Neue Erkenntnisse liefern jetzt Antworten auf beide Fragen.
Zuletzt war es der deutsche Intensivmediziner und Kardiologe Dominik Scharpf, der sich auf Twitter klar zum Thema Impfung und männliche Potenz geäußert hat: "Bei jüngeren Männern hält sich das Gerücht, die Impfungen gegen Covid-19 machen impotent. Dafür gibt es keine Belege."
Und auch auf der Homepage des deutschen Robert-Koch-Institut (RKI) findet sich seit Kurzem folgender Eintrag: "Seit einiger Zeit kursiert vor allem im Internet eine Fehlinformation. Sie besagt, dass die Impfung gegen Covid-19 mit mRNA- oder Vektorimpfstoffen unfruchtbar macht oder machen kann." Und in Fettschrift fügt das RKI gleich an: "Diese Aussage ist falsch."
Schon seit Längerem wird das Thema bei Frauen diskutiert - der KURIER berichtete. In Studien zeigte sich aber zwischen geimpften und nicht-geimpften Frauen kein Unterschied bezüglich der Zahl der eingetretenen Schwangerschaften, so das RKI. Auch das Impfen in der Schwangerschaft selbst gilt als sicher. Hingegen sind ungeimpfte Schwangere einem deutlich erhöhten Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf ausgesetzt.
Die Universität Miami untersuchte in einer Studie die Spermien von 45 gesunden Männern im Alter von 18 bis 50 Jahren vor und nach zwei Teilimpfungen mit mRNA-Impfstoffen. "In dieser Studie zeigte sich kein signifikanter Rückgang irgendeines Spermien-Parameters", heißt es in der Arbeit. Also weder bei ihrer Menge oder ihrer Beweglichkeit zum Beispiel.
"Weil die Impfstoffe mRNA und nicht das lebende Virus enthalten, ist es unwahrscheinlich, dass sie Spermienparameter beeinflussen", schreiben die Autorinnen und Autoren. Tatsächlich war es sogar so, dass die Spermienmenge und ihre Beweglichkeit nach der zweiten Impfung erhöht waren - dies war aber innerhalb des Normalbereichs und könnte mit längerer Abstinenz vor der zweiten Probennahme zu tun haben.
In einer israelischen Studie wurden Eizellen und Spermien von 36 Kinderwunschpaaren, die sich einer In-vitro-Fertilisation (IVF) unterzogen, untersucht. Nach den Impfungen zeigten sich bei den Analysen von Eizellen und Spermien keine Unterschiede zum Zeitpunkt vor den Impfungen, was deren Qualität betrifft.
Und auch eine weitere Studie aus Israel mit 43 Männern im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung zeigte: Die mRNA-Impfungen hatten keinen Einfluss auf die Spermienqualität.
"Die Sorge um eine mögliche Unfruchtbarkeit nach einer Covid-19-Impfung ist also unbegründet", betont das Robert-Koch-Institut.
Mögliches Risiko nach Covid-Infektion
Ganz anders ist die Situation nach einer Covid-19-Erkrankung: Im Rahmen einer neuen Untersuchung werteten US-Expertinnen und Experten 60 frühere Studien zum Thema "erektile Dysfunktion" aus. Das zentrale Ergebnis: Eine Covid-Infektion kann Potenz und Fruchtbarkeit - im Gegensatz zu einer Impfung - sehr wohl beeinträchtigen, auch wenn noch unklar ist, wie lange dies der Fall ist.
Derartige Potenzprobleme als Folge einer Covid-Erkrankung können mehrere Gründe haben:
- Einerseits biologische, indem es durch die Infektion zu Schädigungen der Blutgefäße kommt. Hier ist vor allem die innere Oberfläche der Blutgefäße des Penis betroffen.
Ein zweiter biologischer Effekt können generelle Auswirkungen einer Erkrankung auf das Herz-Kreislauf-System sein. Schädigungen des Herzens können den Blutfluss zu den Genitalien vermindern. Und auch die heftige Entzündungsreaktion bei schweren Krankheitsverläufen, die überschießende Reaktion des Immunsystems, kann sich auf die sexuelle Funktionsfähigkeit des Mannes niederschlagen.
- Aber auch neurologische Beschwerden (z.B. Wahrnehmungsprobleme, Schlaganfälle) können sich negativ auswirken.
- Gleichzeitig gibt es aber auch die negativen Auswirkungen auf die Psyche. Ängstlichkeit und Depressionen etwa sind bei Covid-Überlebenden erhöht, und beides tritt auch häufiger bei Männern mit erektiler Dysfunktion auf. Potenzprobleme sind um bis zum 2,3-fachen häufiger bei Männern, die unter einer Angststörung oder Depression leiden.
- Hinzu kommen auch Probleme mit einer rechtzeitigen und kontinuierlichen Therapie von erektiler Dysfunktion während der Pandemie.
"Beeinträchtigungen der Spermien"
Bereits vor einiger Zeit machte auch die Direktorin der Innsbrucker Universitätsklinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Bettina Toth, auf mögliche Folgen einer Corona-Infektion auf die Samenqualität aufmerksam.
"Bei den Männern, die eine Intensivbetreuung wegen Covid-19 benötigt haben, konnten im Spermiogramm Beeinträchtigungen der Spermien in Beweglichkeit, Konzentration und Morphologie, also Schwanz-Kopf-Geißel-Defekte, festgestellt werden", erklärte sie in einer Aussendung.
Das sei aber keine Besonderheit einer SARS-CoV-2-Infektion: "Das passiert bei jedem Mann, der in einem lebensbedrohlichen Zustand ist. Hier spielen auch die Medikamente, die man auf der Intensivstation zur Lebenserhaltung einsetzen muss, eine wichtige Rolle."
Ob es durch eine Corona-Infektion langfristige Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit geben wird, werde man erst in ein paar Jahren wissen.
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