Neue Variante AY.4.2: Was Sie über Delta Plus wissen müssen
Die Delta-Variante hat einen Abspalter: die sogenannte AY.4.2-Mutation. Sie ist aus der Delta-Variante hervorgegangen und wird deshalb auch Delta Plus genannt. Delta Plus zählt zu den ansteckenderen Mutationen und sorgt für steigende Fallzahlen, vor allem in Großbritannien. Was es mit der Variante auf sich hat.
Was ist das Neue an Delta Plus?
Die Variante AY.4.2 ist wahrscheinlich etwas ansteckender als Delta, verbreitet sich aber nicht so rasant. Zumindest zeigt sich dieses Bild in Großbritannien, wo Delta Plus derzeit etwa zehn Prozent aller Covid-Fälle ausmacht.
Delta Plus könnte der bisher ansteckendste Coronavirus-Stamm seit Beginn der Pandemie sein, noch gibt es aber zu wenig Daten, um das mit Sicherheit sagen zu können. "Es ist sehr gut, dass wir uns über Delta Plus bewusst sind. Es ist exzellent, dass wir die Einrichtungen und Infrastruktur haben, alles zu beobachten, was auffällig ist. Im Moment würde aber ich sagen: Abwarten und keine Panik", beruhigt Francois Balloux, Direktorin des University College London‘s Genetics Institute.
Wie ist Delta Plus charakterisiert?
Es handelt sich um eine von insgesamt 45 Unterarten von Delta, die bisher weltweit nachgewiesen wurden. Bei der neuen Variante gibt es zwei auffallende Mutationen am Spike-Protein, mit denen das Virus an menschliche Zellen andockt, genannt Y145H und A222V.
Diese beiden Veränderungen wurden auch in anderen Varianten nachgewiesen, allerdings handelte es sich bisher nicht um besorgniserregende Varianten. Es ist unklar, ob diese beiden Mutationen für die höhere Infektiosität sorgen. „Alpha und Delta waren etwa 50 bis 60 Prozent ansteckender als die Ursprungsvariante“, erklärte Balloux. Delta Plus sei hingegen nur rund zehn Prozent ansteckender. Der österreichische Virologe Andreas Bergthaler twitterte: "Epidemiologische Daten suggerieren eine nur um 10 bis 15 Prozent höhere Infektiösität verglichen zu Delta. Dies würde einen langsameren Anstieg der Fälle verglichen zu Alpha & Delta bedeuten."
Wo wurde die Variante bisher nachgewiesen?
Großbritannien ist bisher das Land, in dem sich Delta Plus am stärksten verbreitet hat. Mit rund 49.000 Fällen pro Tag werden dort gerade die meisten Neuinfektionen seit Juli beobachtet. Noch kann nicht gesagt werden, ob diese Zunahme nur auf die neue Variante oder auch auf andere Faktoren zurückzuführen ist.
So hat etwa das Tragen von Masken, das Einschränken von Kontakten und Home office in Großbritannien zuletzt nachgelassen, was ebenfalls zu einem Anstieg beigetragen haben könnte. "Wir werden die Fälle natürlich genau beobachten. Wir wussten immer, dass die kommenden Monate eine Herausforderung werden. Das Impfprogramm wird weiterhin unsere erste Verteidigungslinie sein, zusammen mit neuen Behandlungen, Tests und Ratschlägen zur öffentlichen Gesundheit", sagte ein Sprecher des britischen Ministerpräsidenten Boris Johnson.
Auch in den USA und in Dänemark sollen bereits Fälle nachgewiesen worden sein. Israel meldete ebenfalls Nachweise von AY.4.2 und verschärfte daraufhin die Maßnahmen. Ministerpräsident Naftali Bennett forderte eine Verstärkung der epidemiologischen Untersuchungen und regte eine Zusammenarbeit mit anderen Ländern an, in denen die Variante aufgetreten ist. In Russland geht der leitende Forscher der staatlichen Verbraucherschutzbehörde, Kamil Chafizow, davon aus, dass die Variante AY.4.2 sogar die Delta-Variante ersetzen könnte, dies werde aber langsam vonstatten gehen. Bisher seien in Russland bereits einige Fälle aufgetreten.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat laut eigener Aussage eine neue Mutante der Corona-Variante Delta im Blick.
Gibt es auch Fälle in Österreich?
In Österreich wurde Delta Plus bisher zweimal nachgewiesen, wie Ullrich Elling vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien twitterte. Dies sei laut AGES kein Grund zur Beunruhigung. AY.4.2 sei eine von mehreren Varianten, die beobachtet werden.
Ist Delta Plus für Geimpfte gefährlicher als die Delta-Variante?
Dazu ist bisher noch nicht viel bekannt. Ein deutsches Forscherteam hat kürzlich festgestellt, dass einer von vier zur Behandlung von Covid-19 eingesetzten Antikörper gegen Delta nicht wirksam und Delta Plus gegen zwei der Antikörper resistent war.
Auch Antikörper, die nach Impfung mit den Impfstoffen von Biontech/Pfizer und AstraZeneca gebildet wurden, waren gegen Delta und Delta Plus weniger wirksam als gegen das Ursprungsvirus.
Dennoch kamen die Forscher zu dem Schluss, dass Delta Plus für Geimpfte wahrscheinlich keine größere Gefahr darstellt als Delta. Ein neuer Impfstoff sei voraussichtlich nicht nötig.
Es zeigte sich aber, dass Personen, die zuerst mit AstraZeneca geimpft wurden und dann mit Biontech/Pfizer, deutlich mehr Antikörper hatten, die Delta hemmten, als Personen, die zweimal AstraZeneca erhielten. Das spricht für das in Österreich angewandte Impfschema für die Auffrischung: All jenen, die mit AstraZeneca oder Johnson & Johnson geimpft wurden, wird als Booster einer der beiden mRNA-Impfstoffe empfohlen.
Warum hat AY.4.2 noch keinen griechischen Buchstaben?
Wahrscheinlich wird AY.4.2 demnächst von der WHO als „Variant under Investigation“ - eine Variante, die näher untersucht wird - eingestuft. Erst dann würde ihr ein griechischer Buchstabe zugeordnet werden.
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