Coronavirus: Wie gefährlich ist die britische Mutation?
Was bedeutet die neue Virusvariante?
„Es gibt epidemiologische Daten, dass das mutierte Virus um etwa 50 Prozent besser übertragen wird“, sagt Stephan Aberle, Virologe an der MedUni Wien – und zwar in allen Bevölkerungsgruppen, nicht nur bei Kindern und Jugendlichen. Hat eine Person bisher durchschnittlich eine weitere Person aus ihrem engeren Umfeld angesteckt, sind es jetzt theoretisch 1,5. „Für eine genaue Charakterisierung der Ausbreitungsdynamik fehlen uns noch Daten aus anderen Ländern.“ In Israel, wo zuletzt die Neuinfektionen wieder stark anstiegen, werden nur fünf bis zehn Prozent von der britischen Variante verursacht.
Wie rasch breitet sich das Virus aus?
„Die ersten Nachweise wurden nun in Großbritannien retrospektiv mit September datiert. Seither steigt die Häufigkeit sukzessive an.“ Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es sich auch in anderen Ländern ausbreitet. „Das Ausmaß hängt davon ab, wie hoch jeweils das Infektionsgeschehen ist oder in welcher Phase eines Lockdowns sich das Land gerade befindet“, sagt Aberle.
Haben Infizierte mehr Viren in sich, weil Variante B.1.1.7 besser an Zellen bindet?
„Erste Daten deuten darauf hin, dass die neue Variante zu einer größeren Anzahl an Viren führt“, erklärt Virusimmunologe Andreas Bergthaler (siehe u.). Das könnte eine mögliche Erklärung für die festgestellte erhöhte Infektiosität der neuen Variante liefern.
Benötigen wir jetzt härtere Maßnahmen?
„Es handelt sich ja nach wie vor um SARS-CoV-2. Also sind alle Maßnahmen, die bisher empfohlen wurden, grundsätzlich auch weiterhin wirksam. Ich persönlich halte es momentan für besonders wichtig, zu kommunizieren, dass die Lage sehr ernst ist“, sagt Bergthaler. „Die Pandemie ist noch nicht vorbei und auch die Impfung wird das nicht von einem auf den anderen Tag ändern. Wichtig ist also, dafür zu sorgen, dass die bestehenden und etwaigen zusätzlichen Maßnahmen wirklich konsequent eingehalten werden, was momentan wohl nicht immer der Fall ist.“ – „Wir sollten zuerst einmal wieder mehr auf all das achten und das umsetzen, was schon bisher gegolten hat und wo ein wenig ein Schlendrian hineingekommen ist“, sagt auch die Hygienikerin Miranda Suchomel von der MedUni Wien: „Abstand halten, Maske tragen und regelmäßig Händewaschen. Letzteres ist ja komplett in Vergessenheit geraten.“ Ähnlich Umweltmediziner Hans-Peter Hutter, MedUni Wien: „Man muss den Leuten jetzt sagen: Reißt euch zusammen, haltet euch an alle Maßnahmen.“
Was ändert sich für mich jetzt, wenn ich zum Beispiel einkaufen gehe?
Suchomel und Hutter empfehlen, verstärkt FFP2-Masken zu verwenden. „Diese FFP2-Masken waren ja schon bisher für Risikopersonen empfohlen.“ Während der herkömmliche Mund-Nasen-Schutz vorwiegend ein Fremdschutz ist, erhöhen FFP2-Masken auch den Eigenschutz erheblich. Problematisch sind sie bei Bartträgern, weil sich ein Abstand zwischen Haut und Maske bildet: „Durch eine Stoffmaske atme ich immer zumindest zum Teil hindurch, aber wenn bei einer FFP2-Maske irgendwo am Gesicht eine kleine Lücke bleibt, geht fast alle Luft dort hindurch – und mit ihr das Virus“, sagt der Krankenhaushygieniker Johannes Knobloch.
Wie ist das in sehr kleinen Geschäften?
Auch dort sind FFP2-Masken sehr sinnvoll, „weil dort teilweise nicht richtig gelüftet werden kann“, erklärt der deutsche Virologe Alexander Kekulé.
Wie ist es in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Taxis?
Suchomel und Hutter raten auch in öffentlichen Verkehrsmitteln zu FFP2-Masken. Auch in Taxis erhöhen sie den Eigenschutz deutlich, da sie mindestens 94 Prozent der Partikel aus der Einatemluft filtern. Fremdschutz bieten nur FFP2-Masken ohne Ausatemventil. Viele Taxis haben auch bereits Plexiglastrennwände.
Wenn ich mich an der Wursttheke oder der Kassa anstelle – wie viel Abstand soll ich halten?
„Der Babyelefant ist ja leider auf einen Meter geschrumpft – ursprünglich hatten wir 1,5 bis 2 Meter Mindestabstand“, sagt Suchomel. „International sind es vielfach zumindest 1,5 Meter“, betont Hutter. „Am liebsten wären mir zwei Meter, aber es wäre schon gut, wenn überall zumindest der eine Meter eingehalten wird.“ Masken und Abstand senken das Infektionsrisiko um 80 Prozent.
Und wie ist es im Büro?
Ist kein Homeoffice möglich und ausreichend Platz vorhanden, ist es besser, über den Mindestabstand von einem Meter hinauszugehen, betont Hutter: „Die Funktionsweise von Raumluftanlagen sollte überprüft sein.“ In Räumen ohne Lüftung sollte öfter gelüftet werden: „In kleineren Räumen reichen zwei, drei Minuten.“
Was weiß man zur Wirkung der Impfung?
„Die Impfungen sollten auch gegen die britische Virusvariante wirken“, sagt die Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl.
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