Die gute Nachricht zuerst: „Derzeit gehen wir davon aus, dass sich die meisten Patienten nach einer Covid-19-Infektion vollständig erholen“, sagte Michael Pfeiffer, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, in der Süddeutschen Zeitung. Denn die Lunge sei sehr regenerationsfähig – allerdings brauche es Geduld. Ähnlich der Kardiologe Peter Siostrzonek vom Ordensklinikum Linz: „Auch ein stark belastetes Herz wird üblicherweise relativ rasch wieder gesund (siehe weiter unten).“ Dennoch kann es längerfristige Beeinträchtigungen geben.
Gefäßentzündung
Standen ursprünglich Lungenprobleme im Vordergrund, werden jetzt auch vermehrt Auswirkungen auf das Gefäßsystem untersucht. „Der Rezeptor, über den das Virus in der Lunge andockt, findet sich auch in den Gefäßwänden anderer Organe“, sagt Siostrzonek. Ist aber diese Zellschicht beeinträchtigt, kann das Durchblutungsstörungen auslösen. Laut einer Studie des Uni-Spitals Zürich kann das Virus in vielen Gefäßen (z. B. von Herz, Hirn, Lunge, Niere, Darm) Entzündungen und Zirkulationsstörungen auslösen.
Lungenembolien
„Bei Covid-19 gibt es deshalb offenbar ein erhöhtes Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln, von Thrombosen“, erläutert Siostrzonek. Er verweist auf eine holländische Studie, für die Lungen-CT-Bilder ausgewertet wurden: 30 Prozent der Intensivpatienten hatte demnach eine Lungenembolie (mit Blutgerinnseln verstopfte Lungengefäße): „Das kennt man in der Intensität von anderen Infektionen nicht.“
Schlaganfälle
US-Ärzte berichten von einer Schlaganfallhäufung auch bei jüngeren Patienten unter 50 Jahren. „Gerade bei Jüngeren könnte die Verletzung der Herzgefäße durch das Virus eine Rolle spielen – denn Jüngere haben ja in der Regel gesunde Gefäßwände“, sagt der Neurologe Wilfried Lang vom Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien. „Meistens kommen zwei Mechanismen zusammen – die Verletzung in der Gefäßwand und die erhöhte Thromboseneigung.“ Im Herz kann sich dann ein Gerinnsel bilden, das vom Blutstrom in das Gehirn eingeschwemmt wird. „Das ist aber nur bei schweren Verläufen von Covid-Erkrankungen der Fall, es gibt keinen Grund zur Verunsicherung.“ In Wuhan kamen 2,8 Prozent der Covid-19-Patienten aufgrund eines Schlaganfalls in ein Spital.
Ist die Lunge überlastet, steigt der Druck in den Lungenarterien, die rechte Herzhälfte, die das Blut durch die Lunge pumpt, wird stärker belastet: „Im Allgemeinen bildet sich das aber wieder zurück“, sagt Kardiologe Peter Siostrzonek. Bei manchen Patienten kann es auch zu einer Herzmuskelentzündung kommen. Und von anderen Virusinfekten wie der Influenza weiß man, dass sie in den Wochen danach das Infarktrisiko erhöhen. Doch der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Kardiologie weist auch auf ein nach wie vor bestehendes anderes Problem hin: „Wir hatten erst in der Vorwoche einen Fall, da hat ein Mann seine Brustbeschwerden drei Tage lang ignoriert. Dann ist er an einem Herzinfarkt verstorben – völlig unabhängig vom Coronavirus.“ Auch das seien indirekte Langzeitfolgen von Covid-19, die er befürchtet: „Dass andere Krankheiten nach wie vor zu kurz kommen.“
Bei schwer erkrankten Patienten ist die Sauerstoffaufnahme in der Lunge massiv beeinträchtigt, sie müssen beatmet werden. Die Folge eines akuten Lungenversagens kann bei rund 40 bis 50 Prozent ein Umbau von Lungengewebe sein – es kommt zu einer Versteifung von Lungengewebe, erklärt der Intensivmediziner Michael Joannidis, MedUni Innsbruck. Die Folge kann eine – vorübergehend – eingeschränkte Lungenfunktion sein. Für endgültige Aussagen, ob und welche langfristigen Folgen das hat, ist es noch zu früh. Der deutsche Lungenfacharzt Torsten Bauer weist auch in einem Positionspapier Aussagen zurück, wonach eine künstliche Beatmung den Patienten Schaden zufüge: „Zwar gibt es Patienten, bei denen der Heilungsprozess nach einer solchen Beatmung länger dauert. Einer vollständigen, möglicherweise durch Reha-Maßnahmen begleiteten Genesung steht jedoch in der Regel nichts im Wege.“
„Es gibt auch Fälle von einem akuten Nierenversagen“, sagt der Nierenspezialist Bruno Watschinger von der MedUni/AKH Wien. „Für Aussagen über Langzeitfolgen ist es noch zu früh, aber wie es derzeit aussieht, erholen sich die meisten Patienten wieder gut.“
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