Auffrischungsimpfung: Soll der Abstand weiter verkürzt werden?
Nicht nur durch den neuen Impfstoff Novavax gibt es neue Fragen rund um das Thema Impfen. Auch der Abstand zwischen zweiter und dritter Impfung ist in Diskussion, ebenso wie auch die Frage, ob bald eine vierte Impfung notwendig sein wird und ob wirklich jedes Kind aufgefrischt werden muss.
"Für die dritte Impfung sind prinzipiell mRNA-Impfstoffe empfohlen", hieß es bisher vom Nationalen Impfgremium. Ändert Novavax etwas?
Nein. Auffrischungen mit Novavax werden aber möglich sein – der KURIER berichtete. "Wir sehen bei den Auffrischungen Novavax als Möglichkeit für jene Menschen, die auf eine mRNA-Impfung schwerwiegende Reaktionen bekommen haben und daher eine weitere mRNA-Impfung ablehnen", sagt der Infektiologe Helmut Kollaritsch, Mitglied des Nationalen Impfgremiums (NIG). Generell sollte das Novavax-Kontingent aber vor allem für die Erst- und Zweitimpfungen bei jenen Menschen verwendet werden, die aus persönlichen Gründen mRNA-Impfstoffe ablehnen. Die Lieferung der ersten 750.000 Dosen soll im ersten Quartal beginnen.
Die deutsche Ständige Impfkommission empfiehlt die Booster-Impfung bereits ab mindestens drei Monaten. Bleibt Österreich bei vier Monaten?
Auch SPÖ-Chefin und Epidemiologin Pamela Rendi-Wagner hat sich dafür ausgesprochen. Die Europäische Arzneimittelagentur hält sie ebenfalls ab drei Monaten für möglich. Kollaritsch: "Das NIG bleibt bei vier Monaten. Es gibt immunologische Gesetzmäßigkeiten, wonach die sogenannte Affinitätsreifung der B-Zellen (sie produzieren Antikörper, Anm.) vier Monate dauert. Danach haben sie eine besonders hohe Bindungsfähigkeit."
Auch der Virologe Florian Krammer sagte in den Ö1-Journalen, "grundsätzlich würde ich sagen, sechs Monate, aber mit der Deltawelle und einer Omikronwelle würde ich sagen, ab vier Monaten macht es Sinn. Der Prozess der Reifung der B-Zellen sollte möglichst abgeschlossen sein".
Aber kann in bestimmten Fällen diese Frist auch unterschritten werden?
"Bei immungeschwächten Personen mit chronischen Erkrankungen, die keine oder kaum Antikörper gebildet haben, tun wir das schon", erklärt der Experte. "In dieser Gruppe gibt es auch Personen, die bereits vierfach geimpft sind." Auch wenn jemand etwa wegen einer Reise die dritte Impfung schon vor Ablauf der Vier-Monatsfrist benötigt, sollte er nicht abgewiesen werden. "Man muss ihn aber darauf hinweisen, dass sie unterhalb von 120 Tagen Abstand im Grünen Pass als Zweitimpfung eingetragen wird."
Ist der Immunschutz nach den ersten beiden Impfungen vergleichbar mit jenem nach der dritten?
Bei den frisch Zweitgeimpften, ja. Allerdings verliert man 60 bis 70 % der Antikörper innerhalb von sechs Monaten. Nach der dritten Impfung hingegen pendeln sich bei bisherigen anderen Impfstoffen - also Nicht-Coronaimpfstoffen, mit denen es schon jahrelange Erfahrungen gibt - die Antikörperspiegel auf relativ hohem Niveau ein, "die Abklingquote ist dann gering über die Jahre".
Israel will über 60-Jährige und Mitarbeitern im Gesundheitssystem ab vier Monaten nach der dritten eine vierte Impfung anbieten. Wird das jetzt immer so weiter gehen?
"Wir wissen noch nicht, wie lange bei den Covid-Impfungen die Antikörperspiegel nach der dritten Impfung hoch bleiben", sagt Kollaritsch. "Erste Daten deuten darauf hin, dass sie auf jeden Fall vier bis fünf Monate auf annähernd gleichem Niveau bleiben. Ob dann eine neuerliche Impfung nach recht kurzer Zeit einen nochmaligen Boostereffekt auslöst oder nicht mehr viel bringt, das wissen wir noch nicht." Grundsätzlich könne es aber sein, dass bei mehrmaligem Auffrischen in kurzer Zeit der Booster-Effekt nur mehr gering ist.“
Ein mögliches Zukunftsszenario sei eine jährliche Auffrischung, "möglicherweise auch nur für Ältere, aber das ist spekulativ". Insofern werde der Vorreiter Israel zeigen, in welche Richtung es künftig beim Impfen gegen Covid gehen wird. Und auch wenn der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach bereits eine vierte Impfung in den Raum stellt: "Wir müssen jetzt einmal die Daten aus Israel abwarten, dann sehen wir klarer", sagt Kollaritsch.
Und wie steht es um die Auffrischung bei Kindern?
"Für die Fünf- bis Elfjährigen gibt es noch keine Empfehlung – da ist es noch zu früh dafür", betont Kollaritsch. Für Zwölf- bis 17-Jährige wird eine Auffrischung ab sechs Monaten nach der zweiten Impfung empfohlen: "In erster Linie ist das aber für Risikokinder mit Grunderkrankungen wichtig."
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