Von Laer: "Ich bin mittlerweile für eine 1-G-Lösung"
Über die Omikron-Variante ist derzeit noch nicht viel bekannt. Dabei geht es um ganz zentrale Fragen, die die Grundlage für politische Entscheidungen bilden. Wie gut schützt eine vorangegangene Infektion mit dem Coronavirus gegen die Omikron-Variante? Und wie gut schützen ein, zwei oder drei Stiche? Dorothee von Laer, Professorin für Virologie an der Medizinischen Universität Innsbruck, ist diesen Fragen jüngst in einer Laboruntersuchung nachgegangen.
KURIER: Frau Professor, in den vergangenen Wochen wurde viel spekuliert. Aber was wissen wir nun wirklich über die Omikron-Variante?
Dorothee von Laer: Es ist eine immunologische Flucht-Variante. Das heißt, man ist als Geimpfter schlechter geschützt. Vor allem aber kann man sich nicht mehr auf dem "Genesenen"-Status ausruhen.
Was bedeutet das für die kommenden Wochen und die Zeit nach den Feiertagen?
Ich bin gerade in Hinblick auf Silvester sehr besorgt, weil die Menschen hier vermehrt reisen und einander treffen. Das ist ein idealer Nährboden für das Virus. Wir werden im Jänner eine Omikron-Welle haben. Wie hoch die sein wird, kann keiner sagen. Es scheint aber so, als lägen die Peaks nicht so hoch wie erwartet. Das heißt, die Welle läuft sich im Vergleich zu den Prognosen schneller tot.
Wie kann Österreich sich für diese Welle rüsten?
Es wäre klug, die dritte Impfung schon drei Monate nach dem zweiten Stich durchzuführen. Weil Genesene nicht ausreichend geschützt sind, bin ich für die 1-G-Lösung, obwohl ich hier früher skeptisch war.
1-G heißt was genau? Reicht eine Erstimpfung oder sprechen wir von drei Stichen?
Im Prinzip würde das heißen, dass nur noch dreifach Geimpfte am öffentlichen Leben teilnehmen können. Wer nur zweimal geimpft oder genesen ist, müsste zusätzlich testen.
Es heißt, Omikron ist ansteckender als die Delta-Variante, hat aber einen milderen Verlauf.
Bei dieser Variante bricht anscheinend das Virus schneller aus, wird aber auch schneller weitergegeben. Daten aus Südafrika legen nahe, dass die Zahl der Hospitalisierungen etwa 30 Prozent niedriger sein soll als bei Delta.
Sind das nicht gute Nachrichten? Können wir also zukünftig auf Lockdowns verzichten und warten, bis die Bevölkerung "durchseucht" ist?
Wenn sich doppelt so viele Menschen anstecken, bleibt das Risiko, dass das Gesundheitssystem überlaufen wird, trotzdem aufrecht. Und wenn so viele Menschen gleichzeitig krank oder in Quarantäne sind, dann fehlt auch der kritischen Infrastruktur das Personal.
Es drohen also doch weitere Lockdowns?
Man muss sich da herantasten und schauen, ob gelindere Maßnahmen, wie eben die 1-G-Regel, ausreichend Wirkung zeigen.
Kommentare