Antikörpertests bei BA.5: Warum bisherige Werte zum Vergessen sind
Antikörpertests sind offenbar wenig aussagekräftig, wenn es darum geht, einen Infektionsschutz vor der Omikron-Subvariante halbwegs sicher anzuzeigen: Das sagte der Impfspezialist und Kinderarzt Karl Zwiauer - langjähriger früherer Leiter der Kinderklinik in St. Pölten - bei einer Online-Ärzte-Fortbildungsveranstaltung ("Giftiger Lifestream".)
Und er berichtete auch über die Intensität von Impfreaktionen nach dem vierten Stich.
Alles, was man bisher an Limits und Orientierungsmöglichkeiten bei den Antikörperwerten hatte, hinsichtlich des Anzeigens eines Schutzes vor einer Infektion, könne man bei BA.4/BA.5 vergessen: "Ich glaube, dass wir momentan vor einer völlig anderen Situation stehen, auch was die Antikörperhöhen betrifft", sagte Zwiauer.
Viele Expertinnen und Experten sahen bisher 1.000 BAU/ml (Binding Antibody Units pro Milliliter Blut) als einen Wert, bei dessen Überschreitung das Risiko einer Infektion eher gering ist. Der Infektiologe und Lifestream-Veranstalter Florian Thalhammer vom Wiener AKH und der MedUni Wien berichtete allerdings von einem Fall einer Kollegin, "die 81.000 BAU/ml hatte und eine BA.5-Infektion bekommen hat".
Zwiauer: "Ich würde nicht empfehlen, Antikörper zu bestimmen, sondern wenn ich einen Schutz haben möchte muss man sich mehr denn je impfen lassen."
Vergleichbare Impfreaktionen nach der vierten Impfung
Was die vorübergehenden Impfreaktionen nach der vierten Impfung betrifft, sagte Zwiauer, würde er aus den Rückmeldungen, die er bisher gehört habe, "nicht daraus schließen, dass es mehr werden, aber ich würde auch nicht unbedingt daraus schließen, dass es viel weniger werden".
"Es gab bei der 3. Impfung Hinweise aus Studiendaten, dass die Reaktogenität (das Ausmaß der Reaktionen, Anm.) eher geringer ist, aber wenn man es sich im Feld ansieht (Daten aus dem alltäglichen Einsatz, Anm.), dann ist es wahrscheinlich gleichbleibend: Der eine hat bei der ersten Impfung besonders viele Reaktionen gehabt, der andere bei der dritten Impfung."
Die Einnahme von Paracetamol reduziere jedenfalls die Impfwirkung nicht, betont Zwiauer.
Der Impfexperte betonte, dass nach der Impfung auch der Infektionsschutz "kurzfristig doch recht gut ist, aber er sehr rasch wieder abnimmt". Wer also sicher gehen möchte, in seinem Urlaub einen Infektionsschutz zu haben, der könne sich vorher impfen lassen. Der Impfschutz setzt dann nach rund sieben bis 12 Tagen ein: "In den Wochen, in denen man dann auf Urlaub ist, ist die Infektionsgefahr dann wirklich gering."
Unerheblich sei es, mit welchem Präparat die vierte Impfung durchgeführt werde, betonte Zwiauer: "Wir haben im Nationalen Impfgremium gesagt es ist egal." Denn es gebe keine wirklich sehr guten Hinweis darauf, dass gravierende Unterschiede bestünden, auch nicht in der Dauer des Infektionsschutzes, "der nimmt bei allen im Grund genommen relativ ähnlich ab".
Gewisser Schutz durch Infektion mit BA.1 oder BA.2
BA.5 ist in Österreich bereits seit Wochen die vorherrschende Variante – 75 Prozent aller Coronainfektionen gehen derzeit auf sie zurück. Erstmals wurde die Omikron-Variante Anfang 2022 in Südafrika entdeckt und sorgt seitdem in zahlreichen Ländern für Sommer-Wellen. So verzeichnete Österreich von Mittwoch auf Donnerstag rund 12.500 Neuinfektionen.
BA.5 weist eine deutliche Veränderung der Virus-Eigenschaften im Vergleich zu BA.1 und BA.2 auf, insbesondere im Vergleich zu Omikron BA.1. Große Wirksamkeitsstudien fehlen bis dato, allerdings weiß man aus Labor-Studien, dass BA.5 in der Lage ist, den Schutz von Genesenen – wenn sie mit BA.1 infiziert waren - und Geimpften besonders gut umgehen zu können.
Zu einem etwas überraschenden Ergebnis kommt nun eine Studie aus Katar, die sogenannte Real-World-Daten analysierte. Alle Diagnosen beruhen auf den Zeitraum zwischen 8. Juni und 4. Juli, als BA.4 und BA.5 dominant in Katar waren. Bei der Studie handelt es sich um einen Preprint, der von der Fachwelt noch begutachtet werden muss (Sie können die Studie hier auf Englisch nachlesen).
Genesene, die an BA.1 oder BA.2 erkrankt waren, waren vor einer Reinfektion mit BA.4 oder BA.5 besser geschützt als Genesene, die zuvor an einer Coronavirus-Variante erkrankt waren, die nicht zur Omikron-Familie zählt.
Allerdings war der Schutz einer Omikron-Infektion gegen BA.4/BA.5 geringer als gegen eine erneute Infektion mit BA.1 oder BA.2, was laut Studienautoren eben mit der Fähigkeit zusammenhängt, das Immunsystem besser umgehen zu können.
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