Casinos: Das geplante Steuer-Geschenk
Das Finanzministerium unter ÖVP-Minister Hartwig Löger hatte 2019 einen weiteren Entwurf zum Glücksspielgesetz ausgearbeitet. Das Papier aperte jetzt in Zusammenhang mit dem umfangreichen Strafverfahren in der Ibiza- und Casinos-Affäre aus.
Der Rohentwurf ist mit 29. April 2019 datiert und wurde nicht in Begutachtung geschickt. Im Gegensatz zum Entwurf 2018, der seit Wochen ein Thema im parlamentarischen U-Ausschuss ist, geht es in der neuen Fassung nicht mehr um die Liberalisierung des Glücksspielmarktes und um Konzessionen. Auch das IP-Blocking gegen illegale Online-Anbieter ist nicht mehr enthalten.
Im Zentrum stehen stattdessen steuerliche Aspekte. Wäre die Novelle wie geplant umgesetzt worden, hätten die teilstaatlichen Casinos Austria (Casag) wieder einmal ziemlich Glück gehabt.
Vorgeschlagen wurde eine massive Steuersenkung für fast alle Produkte, die von der Casag ausgespielt werden. Dabei geht es um beträchtliche Summen, die sich die Casag auf Kosten der Steuerzahler erspart hätte. Die Gruppe ist einer der größten Steuerzahler des Landes und lieferte im Vorjahr 556 Millionen Euro an spielabhängigen Steuern ab.
So sollte die Abgabe auf die Cashcow-Tochter Lotto sowie für Toto und Zusatzspiel künftig nur noch 19 Prozent der Einsätze betragen.
Derzeit sind die ersten 400 Umsatzmillionen mit 18,5 Prozent besteuert. Für alle Einnahmen darüber hinaus sind 27,5 Prozent an den Fiskus abzuliefern. Die gesamten Lotto-Einsätze liegen in der Größenordnung von vier Milliarden Euro im Jahr.
Die Steuer auf sogenannten Sofortlotterien (Rubbellose etc.), bis dahin 17,5 Prozent, sollte auf zehn Prozent gesenkt werden. Ebenso für Zahlenlotto, Nummernlotterien, Bingo und Keno. Nur für die im Konzern nicht maßgebliche Klassenlotterie waren zehn statt zwei Prozent Steuer vorgesehen.
Zweite Steuersenkung
Für die 12 Inlandscasinos, die vor einem radikalen Sparprogramm und dem Abbau von 500 Mitarbeitern stehen, sollte die Spielbankabgabe von 30 Prozent ebenfalls deutlich reduziert werden. Und zwar auf 18 Prozent für Lebendspiel (Gaming mit Croupiers) und 25 Prozent für das Automatenspiel.
Die Casinos waren schon einmal großzügig bedacht worden und konnten sich über eine Steuersenkung von 48 auf den in der EU unüblichen Satz von 30 Prozent freuen. Das war unter der rot-schwarzen Regierung gedacht als Ausgleich für mögliche Konkurrenz durch drei neue Konzessionen, die bis heute allerdings nach wie vor nicht ausgespielt sind.
Lobbying beherrschen die Casinos offenbar wesentlich besser als der langjährige Erzrivale Novomatic. Der KURIER berichtete über den Masterplan der Casinos. Wetten, die steuerlich nicht als Glücksspiel gelten, sollten nämlich saftig verteuert werden. Die Abgabe auf die Wetteinsätze wollte das Finanzministerium laut dem Entwurf von zwei auf vier Prozent verdoppeln. Das hätte Novomatic empfindlich getroffen.
Ibiza kam dazwischen
Im Finanzministerium will man den Entwurf nicht kommentieren. Die Überlegungen seien auf Grund „des abrupten Regierungswechsels nicht weiter verfolgt worden, da die Expertenregierung keine neuen Gesetzesänderungen auf den Weg bringen wollte“, erklärt dazu Ministeriumssprecher Johannes Pasquali. Drei Wochen nach Erstellung des Entwurfs sprengte das Ibiza-Video die türkis-blaue Regierung.
Eine etwaige Benachteiligung einzelner Anbieter könne laut Pasquali „nicht nachvollzogen werden“, da auch die Casag Sportwetten anbiete. Stimmt schon, aber Novomatic ist mit der Tochter Admiral klarer Marktführer in Österreich, die Casag mit tipp3 weit abgeschlagen.
Dinner in London
Wer gab eigentlich den Auftrag zum Entwurf 2019?
Es sei nicht unüblich, dass das Haus legistische Anpassungen ausarbeite, was im Glücksspielgesetz auch durch Marktveränderungen erforderlich sein könne, wie etwa bei extremer Zunahme von Wettereignissen. Also alles eine Eigeninitiative der Beamten?
Etwaige Steuersenkungen für Casinos und Lotterien seien nicht vorgesehen gewesen, meint der Sprecher. Steht aber explizit im Entwurf, der dem KURIER vorliegt.
Durchaus möglich, dass der Anstoß zum Steuerzuckerl im Februar 2019 bei einem Abendessen in London erfolgte. Öffentlich bekannt wurde das Treffen des FPÖ-Staatssekretärs im Finanzministerium, Hubert Fuchs, mit Novomatic-Eigentümer Johann F. Graf auf der Glücksspielmesse ICE am Stand des Gamingkonzerns.
Casag-Generaldirektorin Bettina Glatz-Kremsner bestätigte jetzt bei ihrer Einvernahme bei der Staatsanwaltschaft als Zeugin, sie habe Fuchs angeboten, bei der Organisation eines Messebesuchs behilflich zu sein. Immerhin handelte es sich um die wichtigste Gaming-Messe in Europa, Novomatic war der größte Aussteller und damals ebenso wie die tschechische Sazka-Group maßgeblicher Casag-Aktionär. Beim Gespräch Fuchs-Graf war Glatz-Kremsner nicht da bei.
Am Abend zuvor stand ein Dinner im exklusiven China-Restaurant Hakkasan Mayfair (Spezialität Peking-Ente mit Kaviar) auf dem Reiseplan. Mit dabei der damalige Casag-Chef Alexander Labak, sowie Robert Chvatal, Vize-Aufsichtsratsvorsitzender und Chef der mit Novomatic bereits erbittert verfeindeten Sazka. Und der Staatssekretär.
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