Wien Energie schließt wieder Termingeschäfte an der Börse ab
Wien Energie hat die Börsengeschäfte wieder aufgenommen. Seit 9. September werden wieder neue Termingeschäfte gemacht, sagte am Donnerstag Aufsichtsratschef Peter Weinelt. Diese würden sich in einem üblichen Ausmaß bewegen und ausschließlich der Versorgung der Kunden dienen.
Wien Energie hatte den Abschluss neuer Termingeschäfte pausiert, nachdem Ende August eine Nachforderung von Sicherheitsleistungen (Margin Call) das Unternehmen in Liquiditätsengpässe gebracht hatte. Der Staat wurde kurzfristig zur Hilfe gerufen, die geforderte Kreditlinie über zwei Milliarden Euro dann aber doch nicht benötigt.
Wenig überraschend wurden Vorwürfe laut, der Regionalversorger habe sich verspekuliert, was das Unternehmen stets bestritten hat. Um das zu untermauern, hat die Konzernmutter Wiener Stadtwerke drei Institute beauftragt, das Vorgehen von Wien Energie zu prüfen.
Das Ergebnis: "Hinweise auf ein spekulatives Handeln" konnten "nicht wahrgenommen werden", so Michael Sponring von Pricewaterhouse Coopers (PwC) am Donnerstag. Der Handel an der Energiebörse sei für Wien Energie "alternativlos", die Verwerfungen des "Black Friday" vor drei Wochen seien nicht vorherzusehen gewesen. An besagtem Tag hat ein steiler Anstieg des Strompreises bei einer Entkopplung vom Gaspreis dazu geführt, dass Wien Energie zum nächsten Handelstag 1,77 Milliarden Euro an Sicherheit hinterlegen sollte.
Solche Margin-Zahlungen sind an der Börse normal, die Höhe hat die Liquidität von Wien Energie aber überfordert. Die von manchen Experten geäußerte Kritik, dass das zu vermeiden gewesen wäre, wenn das Unternehmen weniger langfristige Termingeschäfte abgeschlossen hätte, will Weinelt nicht gelten lassen. Hätte man auf 12 statt 24 Monate gehandelt, wäre der Margin Call noch immer bei 1,6 Milliarden Euro gelegen – denn ausgewirkt hätten sich vor allem das Schlussquartal 2022 und das Anfangsquartal 2023. Derzeit befinden sich die täglichen Margin-Schwankungen bei Wien Energie im zweistelligen Millionenbereich.
Weitere Überprüfungen
Vom Haken ist Wien Energie damit aber noch nicht. Denn das Unternehmen soll sowohl vom Rechnungshof der Stadt Wien, als auch der Bundesrechnungshof geprüft werden. Am Mittwoch wurde außerdem bekannt, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat. Es bestehe der Verdacht auf "grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen".
Bei Wien Energie sieht man die Ursache des Problems nicht im eigenen Haus, sondern den Verwerfungen auf den Energiemärkten, die international bereits mehrere Unternehmen zu spüren bekommen hätten. Die EU müsse deswegen rasch in die Preisbildung am Strommarkt eingreifen. Weinelt erneuerte auch die Forderung nach einem Liquiditätsschutzschirm, wie es ihn etwa in Deutschland gibt.
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