Wie die Wien Energie versuchte an die Finanzhilfe zu kommen

A view shows Wien Energie office building in Vienna
Vertrauliche Unterlagen: Zwei Millionen Strom- und Gaskunden wären nicht belieferbar, Blackout droht.

Die Situation bei Wien Energie ist wesentlich dramatischer, als sie das Unternehmen selbst dargestellt hat. Das geht aus einer Unterlage des Wiener Energieversorgers hervor, die dem KURIER vorliegt.

Am Samstag ersuchten Wien Energie und Beamte des Rathauses das Finanzministerium um Hilfe. Das Unternehmen brauche aufgrund des am Freitag abermals europaweit explodierten Strompreises bis Montag, 09:00 Uhr rund 1,75 Milliarden Euro, um Sicherheiten an der Strombörse zu hinterlegen. Das dürfte noch lange nicht alles sein, beim Gipfel am Sonntagabend im Bundeskanzleramt war von weiteren zwei Milliarden Euro die Rede.

Am Montag passierte der nächste Knalleffekt. Finanzstadtrat Hanke bezifferte laut dem Finanzministerium den akuten Finanzbedarf der Stadt für das Unternehmen in einem Brief mit sechs Milliarden Euro.

Wie die Wien Energie versuchte an die Finanzhilfe zu kommen

Die negativen Werte entsprechen der Belastung für Wien Energie.

Die Stadt Wien als Eigentümer des Energieversorgers hatte seit Juli bereits zwei Mal mit 700 Mio. Euro ausgeholfen.

Wien Energie wollte ursprünglich einen Schutzschirm für alle Energieversorger. Derzeit allerdings sieht es nicht so aus, dass weitere Landesgesellschaften ebenfalls Unterstützung brauchen. Den überwiegenden Großteil eines Schutzschirmes würde daher Wien benötigen.

Zahlt Wien Energie nicht, wäre ein unmittelbarer Ausschluss vom Börsenhandel die Folge. Wien Energie müsste Geschäfte rückabwickeln, was dazu führen würde, dass die Energielieferverträge von zwei Millionen Kunden gefährdet seien, erklärt das Finanzministerium. Die Stadt Wien habe der Bundesregierung erklärt, dass die finanziellen Spielräume erschöpft seien.

Das Unternehmen versuchte in der Nacht auf Montag noch, zu kalmieren, der KURIER berichtete. Wien Energie und die Wiener Stadtwerke seien "solide, wirtschaftlich gesunde Unternehmen mit bester Bonität".

Dramatische Konsequenzen

Unter dem Punkt "Konsequenzen eines Nicht-Einrichten des Schutzschirmes" führt das Unternehmen aus, "was passiert, wenn Wien Energie die erforderlichen Sicherheiten nicht mehr hinterlegen kann".

Die Folgen werden dramatisch dargestellt. Wien Energie werde an der Börse gesperrt und könne keine weiteren Geschäfte tätigen.

Wie die Wien Energie versuchte an die Finanzhilfe zu kommen

Vertrauliche Unterlage der Wien Energie für die Verhandlungen mit dem Finanzministerium

In den Unterlagen der Wien Energie für die Gespräche mit dem Finanzministerium liest sich das allerdings etwas anders. Wien Energie könne die Verpflichtungen gegenüber den Kunden nicht mehr einhalten, zwei Millionen Strom- und Gaskunden "wären zu kündigen, da sie nicht mehr belieferbar sind".

Für den Winter wäre keine Gasabsicherung mehr möglich, Fernwärme nur Notbetrieb. Als Konsequenz könnte sogar ein Zusammenbuch der Netze passieren. Keine Gasabsicherung "bedeutet keine Zurverfügungstellung von Leistungen in der Netzreserve und erhöht somit das Blackout Risiko deutlich", heißt es im Papier.

Wien Energie gab gegenüber dem KURIER keine Stellungnahme zur Unterlage ab.

Milliarden-Kredit

Am Montag liefen die Gespräche zwischen Bund und Wien weiter, viele Fragen sind noch offen. Das Finanzministerium betonte, der Bund habe die Instrumente und den Willen, der Stadt Wien in dieser finanziellen Notlage zu helfen. Die Versorgungssicherheit für zwei Millionen Menschen müsse gewährleistet werden.

Im Finanzministerium wird ein Milliardenkredit überlegt, der über die Bundesfinanzierungsagentur (ÖBF) abgewickelt werden könnte.

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