Wien Energie: Bizarrer Wettlauf um Prüfung durch Rechnungshof

CORONA: PK LUDWIG NACH BUND-LÄNDER-GIPFEL ÜBER VERSCHÄRFUNG DER MASSNAHMEN
RH-Präsidentin Margit Kraker erteilte Prüfauftrag – unabhängig davon, ob auch der Wiener Stadtrechnungshof prüft. Dieser wiederum wurde vom Bürgermeister ausgeschickt.

Ein seltsamer Streit bahnt sich an rund um die Causa Wien Energie. Es geht um die Frage, welcher Rechnungshof den möglichen Skandal prüfen soll - der Bundesrechnungshof mit seiner Präsidentin Margit Kraker. Oder doch "nur" der Stadtrechnungshof mit seinem Direktor Werner Sedlak.

Montagmorgen bestätigte der Bundesrechnungshof einmal mehr: Der Rechnungshof wird „jedenfalls“ und wie angekündigt die Wien Energie prüfen, so RH-Sprecher Christian Neuwirth. „Und zwar unabhängig davon, ob der Stadtrechnungshof in Wien mit einer Prüfung beauftragt wird bzw. eine Prüfung durchführen wird.“

Kurz zu Hintergrund: Das Unternehmen Wien Energie, das im Eigentum der Stadt Wien steht, kam vor zehn Tagen plötzlich in eine massive Schieflage aufgrund der explodierenden Gaspreise. Kurzzeitig war von einer Finanzierungslücke von bis zu zehn Milliarden Euro die Rede. Tatsächlich wurde am Mittwoch vergangener Woche mit dem Bund vereinbart, dem Unternehmen eine Kreditlinie von zwei Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen.

Wettlauf der Rechnungshöfe?

Allerdings kündigte auch der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) eine Sonderprüfung der Organe von Wien Energie und Stadtwerken durch den Stadtrechnungshof und externe Gutachter an. Er wolle „damit zeigen, dass es nichts zu verbergen gibt“, so Ludwig.

Somit droht eine heikle Doppelprüfung – heikel deshalb, weil sich die Prüfer theoretisch auch gegenseitig blockieren könnten, wenn etwa Unterlagen angefordert werden, die tatsächlich dem anderen Rechnungshof übergeben worden sind. 

Tatsächlich war der Bundesrechnungshof schneller: Sprecher Neuwirth kündigte bereits Dienstag vor einer Woche (30. August) um 10:49 vormittags via Twitter an, das Unternehmen prüfen zu wollen. Der Wiener Bürgermeister gab  am Dienstagnachmittag bekannt, dass der Stadtrechnungshof beauftragt werden soll. „Wir legen die Karten auf den Tisch, um hier Klarheit zu schaffen, und appellieren an alle hier, an der Sache orientiert zu agieren", sagte der Finanzstadtrat Peter Hanke damals.

Am 2. September, also am Freitag, langte dann auch der offizelle Prüfantrag Ludwigs beim Stadtrechnungshof ein. Vier Fragefelder will der Bürgermeister beantwortet wissen: Der Stadtrechnungshof solle zur Geschäftstätigkeit, zum Risikomanagement und zum Berichtswesen des Stadtwerkekonzerns nachforschen - und explizit auch zu etwaigen Spekulationen. So steht es im Antrag, der dem KURIER vorliegt.

Rechtliches

Wer darf den Bundesrechnungshof überhaupt beauftragen? Das kann auf Bundesebene entweder eine Minderheit im Parlament oder ein Bundesminister, sofern es seine Agenden betrifft. Oder aber, wie hier der Fall, kann der Rechnungshof von sich aus eine Prüfung starten.

Es spricht aber auch etwas anderes für eine Prüfung durch den Bundesrechnungshof: Er hat deutlich mehr Kompetenzen. Die Landesrechnungshöfe (bzw. in Wien eben der Stadtrechnungshof) dürfen nur Unternehmen im Eigentum des Landes, bzw in Wien eben städtische Unternehmen prüfen. Sobald die Causa aber Bundeskompetenzen betrifft, darf das nur der Bundesrechnungshof. Bei der Causa Wien Energie gibt es aber zahlreiche Verstrickungen auf Bundesebene, etwa das Zusammenspiel mit dem Aufsichtsorgan E-Control oder die Verträge mit dem Bund über die zwei Milliarden Euro Kreditlinie.

Auch andere Energieversorger im Visier

Zudem will der Rechnungshof auch ein Auge auf die anderen Landesenergieversorger werfen. „Die finanzielle Lage, der Finanzbedarf und die Transparenz im Lichte der Versorgungssicherheit werden zentrale Fragen sein“, hatte Neuwirth konkret über das Prüfvorhaben zur Wien Energie berichtet. „Der Rechnungshof wird außerdem einen Blick darauf werfen, wie sich das bei anderen Energieversorgern darstellt.“

Kommentare