Wien Energie: Hoher Gewinn nach Finanzloch

Wien Energie Fernwärmezentrale Spittelau.
Österreichs größter regionaler Energieversorger hat im Jahr seines größten "Skandals" Hunderte Millionen Euro Gewinn gemacht.

Etwas mehr als ein halbes Jahr nach der Meldung von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Konzerns meldet Wien Energie einen Gewinn von 386 Millionen Euro (siehe Grafik).

Das vergangene Jahr mit seinen massiven Verwerfungen an den internationalen Energiemärkten sei "mit Sicherheit das herausforderndste Jahr, das es in der Energiewirtschaft gegeben hat", sagte Wien-Energie-Chef Michael Strebl bei der Präsentation der Zahlen. Dass sich der Umsatz verdoppelt hat, ist vor allem dem hohen Gaspreis geschuldet. Dem Unternehmen "bleibt" insofern nicht viel davon, weil der Einkauf auch entsprechend teurer geworden ist.

Die erwirtschafteten Gewinne will Wien Energie investieren, 140 Millionen Euro fließen zudem zurück an die Kundinnen und Kunden. Bei der Fernwärme gibt es etwa einen 20-prozentigen Rabatt auf den Grundpreis, für Strom- und Gasverbraucher soll es im Sommer, wie schon 2022, "Freienergietage" geben.

Wien Energie: Hoher Gewinn nach Finanzloch

Spekulationsverdacht

Doch wie kann es sein, dass ein Unternehmen, das vergangenen Sommer staatliche Hilfe gebraucht hat, Millionengewinne schreibt? Kurz gesagt hat Wien Energie das Geld zur Absicherung seiner Geschäfte an der Energiebörse gebraucht – Strebl bezeichnete die Marktverwerfungen im vergangenen Sommer als "Tsunami" – verloren gegangen ist dabei aber nichts.

Wien Energie handelt mit Gas und Strom an der Energiebörse. Dabei müssen die Teilnehmer Sicherheiten hinterlegen, um das jeweilige Geschäft bei schwankenden Marktpreisen abzusichern. Diese sogenannten Margin-Zahlungen werden retourniert, wenn das jeweilige Geschäft abgeschlossen wird – das bedeutet, es geht kein Geld verloren, solange man seinen Vertrag einhält, braucht aber bis dahin Geld, um den Handel abzusichern.

Als die Energiepreise im vergangenen Sommer massiv stiegen und sich kurzfristig der Gas- vom Strompreis entkoppelte, musste Wien Energie innerhalb eines Wochenendes 1,77 Milliarden Euro für Margin-Zahlungen auftreiben. Bei Wien Energie wurde der 26.8.2022 dadurch zum "Black Friday". Das Unternehmen konnte diese Summe mit Hilfe der Stadt Wien aufbringen, bat jedoch zusätzlich den Bund um Hilfe, weil nicht absehbar war, wie es in der kommenden Woche an der Börse weitergehen würde.

Wien Energie hat die Vorwürfe, dass sich das Unternehmen schlicht verzockt habe, stets zurückgewiesen. "Ein bisschen ungerecht behandelt sind wir uns da schon vorgekommen", sagte Strebl am Mittwoch und betonte, es gebe "keine Spekulation" und "keine Leerverkäufe" bei Wien Energie. Der Handel an der Energiebörse sei für das Unternehmen "alternativlos". Festzustellen ist: Die bisherigen Prüfungen und auch die städtische U-Kommission haben kein Fehlverhalten des Unternehmens festgestellt, die Jahresbilanz wurde vom Wirtschaftsprüfer KPMG bestätigt.

Die Preise an den europäischen Energiemärkten sind in der Zwischenzeit wieder deutlich gefallen. Wien Energie hat das 1,4 Milliarden Euro Darlehen der Stadt Wien inzwischen zurückgezahlt, der Notkredit des Bundes wurde nicht gebraucht.

Die einzige nachhaltige Lösung der Energiekrise ist der Weg raus aus Gas

von Michael Strebl

Wien Energie

Wien Energie: Hoher Gewinn nach Finanzloch

Wien-Energie-Chef Michael Strebl

Für die meisten Kundinnen und Kunden von Wien Energie sind Strom, Gas und Fernwärme 2022 teurer geworden. Trotzdem erwirtschaftete das Unternehmen im Endkundengeschäft ein Minus von 143 Millionen Euro. Wien Energie erklärt das damit, dass man die Preiserhöhungen nur zum Teil an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben hätte.

Gewinn im Großhandel

Der Gewinn wurde somit nicht im direkten Kundengeschäft, sondern im Großhandel erwirtschaftet. Wien Energie betreibt die größten Gaskraftwerke im Land. Im Winter befeuern diese die Fernwärme und produzieren dabei etwa doppelt so viel Strom, wie die Stadt braucht (Kraft-Wärme-Kopplung, Anm.). Käufer sind beispielsweise Energieversorger, deren Produktion vorrangig auf Wasserkraftwerken beruht.

Investitionen

Gas zu verbrennen, ist für Strebl allerdings kein zukunftsträchtiges Geschäftsmodell. Deswegen steckt das Unternehmen alleine heuer 417 Millionen Euro in "grüne" Investitionen. Dazu gehören etwa der Bau der größten Wärmepumpe Europas in Simmering und ein Geothermie-Projekt in der Donaustadt. In Wasserstoff-Technologie fließen 95 Millionen Euro und auch der Ausbau der Fernwärme soll forciert werden. Über fünf Jahre beträgt das Investitionsvolumen 1,8 Milliarden Euro.

Das gute Geschäftsergebnis von Wien Energie trug auch zu den Gewinnen bei der Konzernmutter Wiener Stadtwerke bei. Umsatz und Gewinn stiegen dort um je etwa 70 Prozent auf 7,3 Milliarden respektive 488 Millionen Euro, wie ebenfalls am Mittwoch veröffentlicht wurde. Zu den Wiener Stadtwerken gehören neben der Wien Energie die Wiener Linien, die Wiener Netze, die Bestattung und Friedhöfe.

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