Weltweit nur noch Ökostrom? Machbar und auch billiger
So schön und angenehm das Wetter derzeit in ganz Österreich ist, weltweit schlägt die Klimakrise voll zu. Die Wissenschaft spricht längst vom Jahrzehnt des Feuers, derzeit sind etwa in Frankreich die Waldbrände außer Kontrolle, Flüsse wie die Loire in Frankreich sind praktisch ausgetrocknet, am Rhein muss aktuell die Schifffahrt eingestellt werden.
Hunger nach Fossilen
Die Klimakrise hat vor allem mit der nicht enden wollenden Nachfrage nach fossilen Energieträgern zu tun, Erdöl, Erdgas und Kohle, die beim Verbrennen Treibhausgase verursachen.
35,442,913,090 Fass Öl (Ein Fass oder Barrel sind 159 Liter) werden in etwa jährlich verbrannt, 4.100 Billionen Kubikmeter Erdgas und acht Milliarden Tonnen Kohle. Dieser Verbrauch muss weltweit so schnell wie möglich auf null sinken, 2050 gilt weltweit als Zieldatum.
100 Prozent Ökostrom
Und das ist möglich, zeigt eine aktuelle Meta-Studie der Lappeenranta-Universität in Finnland in Kooperation mit 14 weiteren Universitäten wie jenen in Aalborg, Oxford Brookes, Eindhoven und der TU Sydney. Im Wesentlichen sagt deren Studie:
- Die ganze Welt kann mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien (Wasser, Wind, PV, Biomasse, Geothermie) versorgt werden.
- Die Machbarkeit von 100 Prozent Erneuerbare Energien ist wissenschaftlicher Konsens, keine Utopie.
- Möglich wird ein Energiesystem mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien durch Technik und Knowhow, das bereits vorhanden ist. Es würde weitestgehend basieren auf den Zubau von Fotovoltaik und Windkraft, Energiespeicher, Sektorkoppelung (gemeint ist eine gesamtheitliche Betrachtung und Verteilung von Energie in Volkswirtschaften, Anm.) und einer direkten und indirekten Elektrifizierung aller Bereiche.
- Ein System mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien wäre mittel- und langfristig billiger als das bestehende fossile Energiesystem.
- 100 Prozent Erneuerbare Energie weltweit ist sogar schneller als bis 2050 umsetzbar.
Hoffnung geben
"Viele junge Menschen sind depressiv, weil sie das Gefühl haben, dass der Klimawandel gar nicht mehr gestoppt werden kann. Wir wollen ihnen Hoffnung geben, indem wir aufzeigen, dass unsere Welt die ganzen benötigten Energien aus erneuerbaren Quellen erzeugen kann, und zu einem günstigeren Preis als fossile Energieträger. Als wir das zum ersten Mal vorschlugen, wurden wir ausgelacht. Unsere Studie zeigt nun, dass diese Idee inzwischen wissenschaftlicher Konsens geworden ist", wird Co-Autor Auke Hoekstra von der TU Eindhoven (Niederlande) zitiert.
Und sein Kollege Sven Teske von der TU Sydney ergänzt, dass laut den Vereinten Nationen mehr als 160 Konzerne weltweit mit einem Vermögen von 70 Billionen Dollar sich der weltweiten Dekarbonisierung bis 2050 verpflichtet hätten: "Die Studie zeigt auch, dass wir bereits alle nötigen Technologien besitzen, um auf 100 Prozent Erneuerbare Energien umzusteigen."
61 Billionen Euro
Die Studie erhebt nicht den Anspruch vorzugeben, wie konkret 100 Prozent Ökostrom umsetzbar wäre, verweist aber auf zahlreiche fundierte wissenschaftliche Analysen, die genau das zum Inhalt haben. So hatte jüngst eine Studie der Stanford University gezeigt, dass eine solche Transformation fast 61 Billionen Euro kosten würde – die sich aber nach nur sechs Jahren amortisiert hätten.
"Wir dürfen nicht vergessen, dass die Erde seit jeher nur mit Sonnenenergie auskommt, nur die vergangenen 150 Jahre haben durch menschliches Zutun alles aus dem Lot gebracht", ergänzt Stefan Schleicher vom Grazer Wegener Center für Klima und Globalen Wandel. "Grundsätzlich teile ich die Aussage dieser Studien. Es ist bis 2050 möglich, selbst in Regionen wie Alaska. Allerdings ist noch ein vertiefteres Verständnis für die Transformation des gesamten Wirtschaftssystems und unseres Lebensstils erforderlich." Die meisten Studien wären da nicht aussagekräftig genug.
Schleicher ergänzt, dass noch vor 20 Jahren niemand auf die Idee gekommen wäre, dass ein Großteil unseres Stroms aus PV-Zellen kommen könnte, da diese damals sehr teuer und wenig effizient waren. Solche technologischen Fortschritte wären jetzt bei Energiespeichern erforderlich. Und der Wissenschaftler will auch nicht schönreden, dass der Weg noch lang und steinig ist. "Das sieht man schon allein in Österreich, wie schwierig es ist, bis 2030 im Strombereich klimaneutral zu werden." Nur beim PV-Ausbau seien wir derzeit auf Kurs, beim Windkraftausbau aber noch immer viel zu langsam.
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