Trotz Krisen: Acht Gründe, die jetzt zuversichtlich stimmen
Zuerst die Pandemie, dann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die Rekordteuerung im Inland. Die Flut an schlechten Nachrichten will heuer nicht und nicht verebben. Dennoch ist permanenter Alarmismus fehl am Platze, es gibt sie noch die guten Nachrichten und Gründe, die einen hoffnungsfroh stimmen können. Im Folgenden greifen wir bewusst – und naturgemäß selektiv – acht Bereiche heraus, in denen es zuletzt sehr wohl positive Nachrichten gegeben hat.
Österreichs Tourismus ist auf Erholungskurs
Die Sommersaison läuft in vielen Ferienorten bereits wieder auf Vorkrisenniveau. „Die Buchungslage ist insgesamt sehr gut gewesen, vor allem der Juli war sehr gut“, sagt Hotellerie-Obmann Johann Spreitzhofer. Eine deutliche Steigerung gebe es bei den Urlaubern aus dem Inland. Laut den Aufzeichnungen der Statistik Austria wurden in der diesjährigen Sommervorsaison bereits fast wieder die Nächtigungsrekorde von Mai/Juni 2018 und 2019 erreicht. Das erste Drittel des Sommerhalbjahres sei heuer das bisher drittstärkste seit Beginn der Aufzeichnungen gewesen, weiß auch Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Die Branche ist allerdings händeringend auf der Suche nach Mitarbeitern. Bis zu 30.000 Stellen sind derzeit nicht besetzt.
Der Arbeitsmarkt hat sich nach Corona wieder erholt
Seit Monaten schon werden Monat für Monat sinkende Arbeitslosen- und steigende Beschäftigungszahlen gemeldet. Auch wenn der Fachkräftemangel für die Wirtschaft nach wie vor ein Riesenproblem darstellt und viele neue Jobs „nur“ Teilzeitjobs sein mögen, so zeigen die Daten doch: Im Juli waren schon weniger als 300.000 Menschen als arbeitslos vorgemerkt oder in Schulungen und es waren – überhaupt erstmalig – fast vier Millionen Österreicher und Österreicherinnen unselbstständig beschäftigt. „Im langjährigen Vergleich erweist sich der Arbeitsmarkt als sehr robust“, sagt Arbeitsminister Martin Kocher. In Salzburg und Tirol sanken die Arbeitslosenzahlen im Juli um jeweils mehr als 20 Prozent.
Der Ölpreis ist gesunken, auch der Spritpreis sinkt
Der Preis von Diesel und Benzin ist von über zwei Euro die vierte Woche in Folge gesunken und ist jetzt wieder auf den österreichweiten Durchschnitt von 1,80 Euro gefallen. Eine Tankfüllung kostet damit rund zehn Euro weniger als vor ein paar Wochen. Das ist erfreulich, auch wenn das Niveau noch immer deutlich über dem von 2021 liegt. Das geht unter anderem auf eine Entspannung beim Großhandelspreis für Erdöl zurück – obwohl die Preisniveaus streng genommen nicht direkt zusammenhängen. Ein Barrel (159 Liter) Rohöl kostet aktuell wieder weniger als 100 US-Dollar. Im Juni notierte der Kurs noch bei mehr als 120 Dollar je Fass. Für Entspannung sorgte zuletzt, dass die russischen Lieferungen durch die Öl-Pipeline Druschba nach Osteuropa wieder aufgenommen werden können.
Die Getreide-Schiffe aus der Ukraine fahren wieder
Die Ukraine ist einer der größten Getreide-Exporteure der Welt und unter anderem für Ägypten und Indonesien ein wichtiger Lieferant. Die Blockade der ukrainischen Exporthäfen durch Russland hat zu einem Stau von 20 Millionen Tonnen Getreide und Befürchtungen einer Nahrungsmittelknappheit bis hin zu Hungersnot in den wichtigsten Importländern ausgelöst. Zuletzt kam es aber zu einer politischen Einigung, die Schiffe können durch einen Korridor ausfahren, über den Bosporus erreichen sie dann das Mittelmeer. Als Kompromiss zwischen Russland und der Ukraine erfolgt die Überwachung der Frachter aus Istanbul.
Auf der Bank gibt es endlich wieder Zinsen fürs Ersparte
Die jüngste Anhebung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt beziehungsweise die Erwartung weiterer Zinsschritte im Herbst veranlasst die eine oder andere Bank dazu, auch die Sparzinsen langsam wieder anzuheben.
Aktuell führend ist hier nach mehreren Anhebungen die Santander Consumer Bank. Fixe Zinsen von 0,9 Prozent per anno bekommt, wer sein Geld ein Jahr bindet. Wer einen Teil des Ersparten zwei Jahren binden kann, bekommt 1,4 Prozent fix und 1,7 Prozent bekommt man bei einer Bindungsdauer von 36 Monaten. Doch bei einer Inflation von aktuell mehr als neun Prozent, bleiben die Realzinsen wohl noch länger negativ. Soll heißen, nur mit einem Sparbuch verliert man aktuell Geld.
Die Gasversorgung wird unabhängiger von Russland
Russland setzt Europa mit schwankenden Liefermengen gewaltig unter Druck. Trotzdem ist Österreich auf einem guten Weg, das Speicherziel von 80 Prozent vor dem Winter zu erreichen. Das gelingt unter anderem mit Zukäufen aus anderen Quellen. Derzeit sind in den österreichischen Speichern 54 Terawattstunden oder 56 Prozent eingespeichert und täglich kommen 300 bis 450 Gigawattstunden dazu. Ab Oktober hat die OMV zusätzliche Pipeline-Kapazitäten gebucht. Durch diese können bis zum September 2023 bis zu 40 Terawattstunden zusätzliches Gas aus nicht-russischen Quellen importiert werden. Weil dabei aber höhere Transportkosten anfallen, gibt es dafür eine staatliche Subvention. Auch in Deutschland gibt es gute Neuigkeiten. Zwar ist die für Deutschland wichtigste Ostseepipeline Nord Stream 1 nach wie vor nur zu 20 Prozent ausgelastet, die neuen Flüssiggas-Terminals sollen aber plangemäß Anfang 2023 in Betrieb gehen. Deutschland kann dann mehr Gas auf dem Seeweg importieren.
Entspannungssignale beim Lieferkettenchaos
Das Lieferkettenchaos, vor allem nach den coronabedingten Problemen in China, hat viele Branchen seit Monaten vor erhebliche Produktionsprobleme gestellt. Beispielsweise stöhnt die europäische Automobilindustrie unter dem erheblichen Chipmangel.
Nun gibt es aber erstmals Erholungszeichen, wie der Chef von Deutschlands größter Container-Reederei Hapag-Lloyd, Rolf Haben, am Donnerstag in Hamburg erklärte. Er erwartet in den kommenden Monaten eine Entspannung bei den Lieferketten und in der Folge bei den Frachtpreisen. „Wir sehen derzeit in einigen Fahrtgebieten erste Anzeichen dafür, dass die kurzfristigen Raten im Markt nachgeben.“
An den Börsen schöpfen Anleger neue Hoffnung
Das erste Börsen-Halbjahr war heuer großteils von Kursverlusten geprägt, in Europa und in den USA verloren Aktienbesitzer auf breiter Front. Dahinter steckte die Furcht vor einem Absturz der Wirtschaft. So gab die US-Technologiebörse Nasdaq beispielsweise um fast 30 Prozent nach. In Wien verlor der ATX im ersten Halbjahr 25 Prozent. Zuletzt hat sich das Blatt aber wieder gewendet. Bei den US-Tech-Aktien wird auf ein Revival spekuliert, seit dem Tiefstand am 17. Juni ging es wieder 21 Prozent nach oben. Auch in Europa (gemessen am EuroStoxx 50) und beim Wiener Leitindex haben sich die Kurse von ihren Tiefständen Anfang Juni wieder um jeweils mehr als elf Prozent erholt. Wie es bis Jahresende weiter geht, wird freilich maßgeblich von der weiteren Entwicklung der Inflation, dem Ukraine-Krieg und der allgemeinen Wirtschaftslage abhängen.
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