Warum die heimischen Gasspeicher so schlecht gefüllt sind
Seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs sind untypisch viele nervöse Blicke auf die österreichischen Gasspeicher gerichtet. Zu recht, denn sie sind der wichtigste Garant zur Versorgungssicherheit. Sollte die EU oder Russland ernst machen und den Gashahn zudrehen, wäre das Land kurzfristig auf diese Reserven angewiesen. Denn alternative Lieferchargen und auch die für den Transport notwendige Infrastruktur wären nicht ausreichend verfügbar.
Aktuell stehen die gesamten österreichischen Speicherstände bei 16 Prozent. Das ist im mehrjährigen Vergleich betrachtet zwar niedrig, aber nicht außergewöhnlich.
Der Hintergrund ist einfach: Gas wird das ganze Jahr über gefördert und geliefert. Allerdings ist der Verbrauch in einem kalten Wintermonat bis zu drei Mal so hoch wie im Hochsommer. Das bedeutet, dass die Speicher über den Sommer voller werden und sich im Winter leeren. Zum Ende der Heizsaison erreichen die Pegel typischerweise ihren tiefsten Wert (siehe Grafik). Dementsprechend sind die Speicherstände inzwischen auch bereits wieder am Steigen.
Österreich hat gemessen an der Landesgröße ein sehr hohes Speichervolumen. Mit 95,5 Terawattstunden (TWh) fassen sie gut einen Jahresbedarf. Dass die Füllstände heuer relativ niedrig sind, hat mehrere Gründe. Zum einen war die letzte Heizsaison relativ lang, die Phase der Einspeicherung hat 2021 also erst spät begonnen.
Hohe Energiepreise
Zweitens, und deutlich gewichtiger, wurden im Frühling 2021 in vielen Ländern die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung zurückgefahren. Mit dem Anspringen der Wirtschaft stieg weltweit die Nachfrage von Energie – und damit die Preise. Dazu trug neben einer Hitzewelle in Asien auch eine Trockenflaute in Deutschland bei, denn aufgrund der niedrigeren Erträge von Wind- und Wasserkraft mussten europaweit mehr Kohle und Gas zur Stromproduktion verbrannt werden. Da die Energiepreise den gesamten Sommer hindurch hoch waren, war es für die Unternehmen unattraktiv, mehr Gas als notwendig einzulagern.
Dementsprechend waren die Gasspeicher bereits im Herbst relativ schlecht gefüllt. In der Vergangenheit hat der staatlich kontrollierte russische Gazprom-Konzern in solchen Situationen oftmals kurzfristig die Liefermengen erhöht und so von der hohen Nachfrage profitiert.
Dass das vergangenes Jahr nicht der Fall war, haben viele Experten als Druck auf die Inbetriebnahme der Ostseepipeline Nord Stream 2 verstanden – hat Russland doch mehrfach erklärt, dass die Mengen dann erhöht werden könnten. Um einen physischen Engpass handelte es sich aber nicht, denn die Pipelines durch Polen und die Ukraine waren zu der Zeit nicht ausgelastet. Nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine Deutschland das Zulassungsverfahren der Pipeline gestoppt. Gazprom liefert vertragsgemäß durch Polen, die Ukraine und die bereits 2011 fertiggestellte Pipeline Nord Stream 1.
Abhängigkeit engt politischen Spielraum ein
Dass nicht mehr Gas eingelagert ist, liegt also daran, dass man sich auf Russland als Lieferant verlassen hat. Österreich bezieht bereits seit 1968 Erdgas aus der damaligen Sowjetunion. Durchaus zum Vorteil der Wirtschaft, denn die Preise waren relativ niedrig. Der Anteil des russischen Gases stieg im Laufe der Jahrzehnte auf 80 Prozent, für die OMV war Russland bis vor kurzem eine Kernregion.
Während des Kalten Krieges wurde diese Handelsbeziehung auch als Garant für den Frieden gesehen. Allerdings bindet die enge Verflechtung beide Seiten: Insbesondere stark von russischen Energieimporten abhängige Staaten wie Deutschland und Österreich befürchten, dass zu strenge EU-Sanktionen (wie etwa ein Gasembargo) ihre Wirtschaft schwer schädigen würden.
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