In Österreich ist der Anteil des Erdgases aus eigener Förderung in den vergangenen Jahren auf weniger als zehn Prozent zurückgegangen. Im Klimaschutz- und Energieministerium geht man davon aus, dass die Öl- und Gasressourcen 2030 erschöpft sein werden.
Das müsste aber nicht so sein, meint man etwa bei dem wirtschaftsliberalen Think Tank Agenda Austria und schlug zuletzt vor, das Potenzial von Fracking in Österreich erneut zu prüfen. Beim Fracking (von Engl. fracturing, aufbrechen, Anm.) wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien mit hohem Druck in tief gelegene Schichten von methanhaltigem Schiefergestein gepresst. Dadurch wird das Gestein aufgebrochen und das Gas entweicht (siehe Grafik).
Die Technologie wurde bereits vor zehn Jahren heftig diskutiert, als bekannt wurde, dass die OMV an einem Projekt im Weinviertel arbeitete. Das Vorhaben scheiterte am Widerstand der Bevölkerung, die massive Umweltschäden befürchtete. Insbesondere hatte man Angst, dass die Chemikalien den fruchtbaren Boden und das Grundwasser verseuchen könnten. Zudem sorgten Bilder aus den USA von brennendem Leitungswasser für Beunruhigung. Ob das Phänomen auf Fracking zurückzuführen ist, ist umstritten, denn Methan kann auch aus höher gelegenen Vorkommen ins Trinkwasser geraten. Beim Fracking wird deutlich tiefer gebohrt als auf Grundwasserniveau.
Kritiker verweisen darauf, dass kontaminiertes Wasser durchaus in die oberen Schichten oder an die Erdoberfläche gelangen kann – was in den USA auch bereits passiert ist. Zudem steigt durch Fracking die Gefahr von Erdbeben, weswegen es in Großbritannien 2019 eingestellt wurde. In mehreren kontinentaleuropäischen Staaten, etwa Italien, Deutschland und Frankreich, ist der Einsatz aus Umweltschutzgründen verboten.
The American Way
In den USA ist man weniger skeptisch. Dort wird das Verfahren bereits seit den späten 1940ern eingesetzt. Richtig in Schwung kam die Branche aber erst in den 2000er-Jahren. Das ist auch das energiepolitische Erbe der Obama-Administration. Sie forcierte die Technologie, um weniger von Energieimporten abhängig zu sein. Dadurch wurden die USA zum größten Öl- und Gasproduzenten der Welt. Beim verflüssigten Erdgas (LNG) wurde das Land, das bis 2017 noch Nettoimporteur war, Ende vergangenen Jahres sogar zum größten Exporteur.
Die Branche hat in den USA bereits einige Höhen und Tiefen durchschritten. Denn Fracking ist teurer als die herkömmliche Förderung und rechnet sich nur bei hohen Ölpreisen – und laut Kritikern auch dann nur mit Subventionen. Bei Konjunkturabschwüngen, wie zuletzt wegen der Corona-Pandemie, kommt es hingegen zu Pleiten. Derzeit erlebt Fracking in den USA wegen der hohen Energiepreise eine Renaissance.
Diese, wenn auch durchwachsene, Erfolgsgeschichte macht sich in Europa auf zweierlei Arten bemerkbar. Erstens hofft man auf Importe von amerikanischem Gas, unabhängig davon, ob es durch das verpönte Verfahren gewonnen wird. Zweitens mehren sich die Stimmen, die im Fracking auch für Europa eine Chance sehen.
Steirisches Öko-Fracking
Einer der Fürsprecher ist Herbert Hofstätter, Professor an der Montanuniversität Leoben. Er hat ein Verfahren entwickelt, das auf die strittigen Chemikalien verzichtet. Zum Einsatz kommt dabei neben Sand, Keramik oder Glaskügelchen Stärke, beispielsweise Maisstärke. Es werden also "ausschließlich Produkte verwendet, die absolut umweltfreundlich sind", so Hofstätter zum KURIER. Anderen Problemen der Technologie, wie etwa unkontrollierte Methanemissionen, könne man mit strengen Standards zu Gesundheits- und Umweltschutz begegnen.
Das Leobener Verfahren wurde bereits vor Jahren entwickelt, angewendet wurde es bisher aber nur in Labortests. Hofstätter führt das neben rechtlichen Einschränkungen auch darauf zurück, dass Fracking aufgrund niedriger Energiepreise lange Zeit nicht wirtschaftlich war.
Schätzungen zur Folge könnte das Gasvorkommen im Weinviertel den österreichischen Bedarf für 30 Jahre decken. Wie groß das Potenzial von Fracking-Gas in Österreich aber wirklich ist, lässt sich laut Hofstätter aber nur "schwer abschätzen". Insgesamt sieht es nicht danach aus, als würde die Technologie hierzulande in absehbarer Zeit Fuß fassen. Verboten ist sie zwar nicht, doch jedes Projekt müsste durch eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Die OMV hat derzeit keine diesbezügliche Pläne, heißt es auf Anfrage des KURIER.
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