Gas muss nicht aus Russland kommen, es muss nicht einmal fossil sein. Bei der Energieversorgung Margarethen am Moos (EVM) im Bezirk Bruck an der Leitha wird Gas aus landwirtschaftlichen Abfällen gewonnen und ins Netz eingespeist. Der Haken dabei: Wenn die Energiepreise nicht gerade wie derzeit durch die Decke gehen, rechnet sich das betriebswirtschaftlich nicht.
Der Rohstoff kommt von Bauern und der Lebensmittelindustrie, aus einem Umkreis von 30 Kilometern. Unter anderem werden Schalen, Maisschrot, Stallmist und Zwischenfrüchte gebrochen und bei 40 Grad in großen, kuppelförmigen Fermentern unter ständigem maschinellen Rühren vergoren. Dabei steigt Rohbiogas auf, das zur Hälfte aus CO2 und zur Hälfte aus Methan (CH4) besteht. Letzteres ist chemisch mit Erdgas ident und wird in einem mehrstufigen Prozess ausgefiltert.
Ein Teil des CO2 wird über eine Rohrleitung an einen nahe angesiedelten Paradeiserzüchter geliefert, wo es die Pflanzen für die Fotosynthese brauchen.
Der Rest geht zwar in die Luft, allerdings wird dabei nur CO2 freigesetzt, das die Pflanzen beim Wachstum aus der Atmosphäre gebunden haben. Dasselbe Muster, nach dem Biomasse-Anwendungen wie etwa Pelletsheizungen als klimaneutral gelten. „Der letzte Schritt“ wäre eine CO2-Verflüssigungsanlage anzuschließen, um es etwa an die Getränkeindustrie zu verkaufen, so EVM-Geschäftsführer Stefan Malaschofsky. Dafür fehlt bislang aber ein Geschäftspartner.
Den Großteil des aufbereiteten Gases speist EVM ins Netz der EVN ein. Etwa fünf Prozent befüllen eine Gastankstelle am Rand des Betriebsgeländes. Hier werden unter anderem die unternehmenseigenen Lastwägen betankt. Etwa ein Fünftel des Rohgases wird nicht weiterverarbeitet, sondern betreibt ein Blockheizkraftwerk, mit dem ein Nahwärmesystem für etwa 100 Haushalte im Umfeld der Anlage und Ökostrom zur Einspeisung ins Netz gewonnen werden. Die Gülle geht am Ende des Prozesses zurück an die Bauern, die sie noch als Dünger verwenden können, weil wichtige Pflanzennährstoffe bei der Gasgewinnung erhalten bleiben.
Streit um Potenzial
Bisher wird jährlich nur 0,1 Terawattstunde (TWh) Biomethan ins Gasnetz eingespeist. Die Bundesregierung hat ein Ausbauziel von fünf TWh bis 2030 festgelegt.
Vertreter der Gaswirtschaft halten das für zu bescheiden. Sie schätzen, das Potenzial von Biogas inklusive Holzgas in Österreich auf 45 TWh. Das wäre etwa die Hälfte des landesweiten Gasverbrauchs. Eine Studie der Österreichische Energieagentur, der Johannes Kepler Universität Linz und der Montanuniversität Leoben hat das in Österreich bis 2040 realisierbare Potenzial von Biogas mit 20 TWh beziffert.
Österreichweit gibt es bisher etwa 300 Biogasanlagen, die meisten davon sind aber deutlich kleiner als die der EVM. Sie produzieren mit dem Gas ausschließlich Ökostrom, nur 15 speisen Methan ins Netz ein. Damit sich das ändert, hofft Malaschofsky auf ein Förderregime für Biogas, ähnlich dem Marktprämienmodell beim Ökostrom. Um den Bedarf der österreichischen Haushalte zu decken, wären etwa 300 Anlagen in der Größenordnung wie der der EVM nötig, schätzt Malaschofksy.
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