Der Ölpreis hat in Folge der Nachricht von dem russischen Angriff auf die Ukraine einen Sprung um fast acht Prozent nach oben gemacht. Erstmals seit dem September 2014 überstieg der Handelspreis für ein Fass der Nordseesorte Brent am Donnerstag über 100 Dollar, um 16 Uhr notierte er bei 103,05 US-Dollar. Die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) verteuerte sich um 7,8 Prozent auf 99,48 Dollar. Nach einer Verdopplung im Jahr 2021 hat der Ölpreis somit heuer bereits um weitere 30 Prozent zugelegt.
Noch stärker war der Anstieg beim Gaspreis. Nach einer Zunahme um etwa 20 Prozent auf 87,45 Euro pro Megawattstunde (MWh) am Mittwoch, gab es am Donnerstag am Amsterdamer Spotmarkt einen Sprung um weitere dreißig Prozent auf 118 Euro je Megawattstunde (MWh).
Russland ist einer der größten Exporteure von fossilen Energieträgern, sowohl von Öl, als auch von Erdgas. Für Europa ist der staatlich kontrollierte Gazprom-Konzern der mit Abstand wichtigste Einzellieferant. Sanktionen gegen den russischen Energiesektor wären deswegen für Europa wirtschaftlich schmerzhaft.
Dass die US-Regierung Sanktionen gegen russische Energieexporte verhängt ist nach derzeitigem Wissensstand nicht zu erwarten. Eine Verknappung bei fossilen Energieträgern würde zu einem weiteren Ansteigen der Preise führen und damit die europäischen Bündnispartner schädigen und die ohnehin hohe Inflation weiter anheizen.
Grundsätzlich ist den Amerikanern die Abhängigkeit insbesondere ihrer NATO-Bündnispartner von russischen Rohstoffen schon lange ein Dorn im Auge. Um diese zu lindern, könnten sie vermehrt verflüssigtes Erdgas (LNG) nach Europa liefern. Kritiker vermuten, dass hinter diesem Angebot neben den außenpolitischen auch wirtschaftliche Interessen stehen. Allerdings ist nicht absehbar, dass sich Europa in absehbarer Zeit mit LNG-Importen von Russland unabhängig machen könnte, denn etwa die Hälfte der gesamten europäischen Gasimporte kam zuletzt durch die russischen Pipelines. Selbst wenn die europäischen Staaten unter hohem Kostenaufwand ausreichend Flüssiggas am Weltmarkt einkaufen könnten, würden die Kapazitäten der Flüssiggas-Terminals aber voraussichtlich nicht ausreichen, um dieses an Land zu bringen.
Versorgungssicherheit
Dass Österreich oder Teilen Europas noch in diesem Winter das Gas ausgeht, ist indessen nicht zu erwarten. Selbst wenn die Lieferungen von heute auf morgen eingestellt würden, wären die eingelagerten Mengen zumindest ausreichend, um die Haushalte zu versorgen.
Die österreichischen Gasspeicher sind etwa zu einem Fünftel gefüllt, was vergleichsweise wenig ist. Allerdings ist das Speichervolumen gemessen an der Größe des Landes groß und umfasst etwa einen Jahresbedarf. Für gewöhnlich werden die Speicher im Sommerhalbjahr gefüllt, wenn der Bedarf niedriger ist. Letztes Jahr war das aufgrund der hohen Gaspreise allerdings vergleichsweise unattraktiv, weswegen viele Speicherstände schon im Herbst untypisch niedrig waren. Dieses Jahr wird es kaum eine Alternative dazu geben.
Möglicherweise zwingt auch die Politik die Energieunternehmen zum Handeln. Nach Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) hat sich am Donnerstag auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) für gesetzliche Vorgaben zu Mindestfüllständen ausgesprochen. Ein entsprechendes Bevorratungsgesetz gibt es in Österreich bereits für Erdöl, in manchen EU-Länder wie etwa Italien und Frankreich gibt es auch welche für Gas.
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