Klima-Ministerium: Super-Expertin als Leiharbeiterin
Eine Absichtserklärung, ein sogenanntes "Memorandum of Understanding", über grünen Wasserstoff war die magere Ausbeute eines kurzfristigen Ausflugs von ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer Anfang März in die Vereinigten Arabischen Emirate und nach Katar. Mit dabei die heutige Ex-Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und die grüne Klima- und Energieministerin Leonore Gewessler, alle geschockt vom Krieg in der Ukraine.
Davon abgesehen, dass solche Absichtserklärungen immer sehr vage zu sein pflegen, war das Energieministerium offenbar nicht einmal über den Inhalt informiert. "Mein Ministerium war in die Ausarbeitung und Unterzeichnung des Memorandum of Understanding (Wasserstoffallianz mit den Vereinigten Arabischen Emiraten) nicht eingebunden", beantwortete Gewessler jetzt eine parlamentarische Anfrage der SPÖ. Der Vertrag wurde von Köstinger unterschrieben, für den Finanzminister.
Wunderwuzzi gesucht
"Da reisen Bundeskanzler und Umweltministerin in die Emirate, um ein Energie-Abkommen abzuschließen, damit Österreich von russischem Gas unabhängiger wird, und die Energieministerin Gewessler weiß nicht einmal, was der Inhalt dieses Abkommens ist. Offenbar ging es nur um hübsche Bilder", kritisiert SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll, der über "türkis-grüne -Showpolitik" schimpft.
Einigermaßen seltsam verliefen im Klima-Ministerium anschließend Suche und Anstellung einer Expertin für Gas-, Öl- und Strom. Nicht für das Kabinett der Chefin, sondern für die Sektion "Klima und Energie".
Ausgeschrieben wurde der Job von der Leiharbeitsfirma Trenkwalder, nicht gerade bekannt für spezielle Expertise im internationalen Öl- und Gas-Business. Die Anforderungen sind beachtlich. Kompetenz bei der Erstellung eines Notfall- und Präventionsplans, Analysen über das Gaspipeline-System, Vorbereitung des Energielenkungsbeirates und Teilnahme an der Gaskoordinierungsgruppe der EU-Kommission. Fachstudien, soziale Kompetenz etc. verstehen sich von selbst.
Also ein Wunderwuzzi, der die "Gewährleistung einer sicheren Gas-, Öl- und Stromversorgung" schupfen soll. Trenkwalder lockte dafür mit einem Monatsbruttogehalt ab 2.907,20 Euro. Die zusätzlichen Zuckerl wie Essensgutscheine (zweimal jährlich um 220 Euro) und ein Einkaufsgutschein über 186 Euro fallen eher schon unter die Kategorie herzig. Einsatzort ist das Ministerium, die Anstellung erfolgt wie bei Leiharbeitsfirmen üblich, bei Trenkwalder.
Bei der OMV oder einem anderen internationalen Energiekonzern würde ein Job mit diesem Anforderungsprofil in eine ganz andere Gehaltsklasse fallen. Doch die Suche war bereits erfolgreich, eine Expertin der E-Control (Name der Redaktion bekannt) wurde engagiert. Die Energieaufsichtsbehörde gehört – erraten – in Gewesslers Ministerium. Hätte man nicht gleich dort nachfragen und die Expertin ins Ministerium holen können? Dass sich ausgerechnet ein grünes Ministerium einer Leiharbeitsfirma bedient, ist außerdem bemerkenswert.
"Wir haben uns in diesem konkreten Fall aufgrund der spezifischen Expertise und einer raschen Besetzung für den Weg einer Anstellung mittels Arbeitsleihe entschieden. Denn gerade in der aktuellen Krise braucht es möglichst schnell die besten Köpfe", erklärt man dazu im Ministerium. Arbeitsleihverträgen mit Leasingfirmen seien Sonderfälle und das werde auch so bleiben.
Wie man hört, soll es im Ministerium auch aus der Zeit vor Gewessler Mitarbeiter geben, die auf Trenkwalder-Tickets sitzen. Wenn es beispielsweise kein Budget mehr für Planposten gab oder eine Bestellung rasch gehen musste.
"Seit Monaten steuern wir auf eine Explosion der Energiepreise zu. Und mit dem Ukraine-Krieg sind wir in ganz Europa mitten in einer Energiekrise. Doch erst jetzt, Monate später, holt Gewessler per Arbeitsleihfirma für ihr Ministerium eine Energiespezialistin, aber um das Gehalt eines Berufseinsteigers". Die Regierung gebe Hunderte Millionen Euro für PR und Werbung aus, "aber wenn es um hoch qualifizierte Experten in einem immens wichtigen Bereich geht, nimmt sich das Ministerium eine Leiharbeitsfirma, die die Leute um Dumpinglöhne beschäftigt", empört sich Schroll.
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