Warum Österreich mehr Schrott wiederverwerten sollte
In der Metallindustrie kann mehr Kreislaufwirtschaft die Abhängigkeit von Rohstoffen verringern und Energie sparen.
Zusammenfassung
- Mehr Kreislaufwirtschaft im Bau- und Metallsektor könnte Energie- und Produktpreise, Emissionen sowie Importabhängigkeit senken, erfordert aber geänderte Regeln.
- Modellrechnungen zeigen, dass Materialeinsatz, CO2-Emissionen und Erzimporte deutlich sinken könnten, während Arbeitsplätze sich verlagern und leicht zunehmen würden.
- Für mehr Recycling sind rechtliche Anpassungen, Transparenz bei Baustoffen und Investitionen in Infrastruktur nötig, ohne dass zwingend mehr staatliche Förderungen erforderlich wären.
Der Bausektor und die Metallindustrie benötigen viele Rohstoffe und Energie. Zwei Drittel des Ressourcenverbrauchs in Österreich entfallen auf diese zwei Bereiche. Eine neue Studie des Kontext Instituts für Klimafragen zeigt auf, welchen Effekt eine intensivere Kreislaufwirtschaft hier hätte. Laut Modellrechnungen würde sie zwar kein besonders großes Wirtschaftswachstum bringen, aber Energiepreise, Produktpreise, Emissionen und die Abhängigkeit von Importen senken. Die heimische Industrie würde damit zukunftsfit gemacht werden.
Große Recycling-Potenziale sind derzeit ungenutzt
"Aktuell schwächelt die österreichische Industrie, die Energiepreise sind hoch, viele Betriebe werden geschlossen", sagt Kontext-Vorständin Katharina Rogenhofer. "Wir haben eine ressourcenintensive und großteils lineare Wirtschaftsweise, die große Potenziale ungenutzt lässt."
Katharina Rogenhofer: "Kreislaufwirtschaft erlaubt günstige heimische Produktion und erhöht die Resilienz."
Vom Umweltbundesamt und dem Center of Economic Analysis and Research (CESAR) wurden für die Studie Modellierungen durchgeführt, bei denen die Entwicklung des Bau- und Metallsektors mit aktuellen Regeln und Maßnahmen bis 2040 mit einem Szenario mit stärkerer Kreislaufwirtschaft verglichen wurde. Dabei wurde angenommen, dass im Wohnbau die Sanierungsrate deutlich steigt, leerstehende Gebäude stärker genutzt werden und beim Um- und Neubau von Gebäuden mehr Holz und Recyclingbaustoffe verwendet werden. Im Metallsektor wurde eine verstärkte Verwendung von Schrott und der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen in der Eisen- und Stahlproduktion angenommen.
Kreislaufwirtschaft würde Arbeitsplätze verlagern
Im Wohnbau würde der Materialeinsatz dadurch um 29 Prozent sinken. Der Holzverbrauch würde um 12,5 Prozent steigen. CO2-Emissionen würden um 20 Prozent sinken, vor allem durch die Reduktion von Kohle und Erdgas in der Metallindustrie. Durch das Ersetzen von traditionellen Hochöfen mit Lichtbogenöfen würde der Bedarf an erneuerbarer Energie stark steigen. Das wiederum würde die Energiepreise in der Metallindustrie um 10,9 Prozent sinken lassen, während sie österreichweit um 0,7 Prozent geringer wären.
Durch die verstärkte Verwendung von Metallschrott würde der Import von Erzen um ein knappes Drittel sinken. Wertschöpfung und Arbeitsplätze würden sich durch mehr Kreislaufwirtschaft verlagern, etwa vom Hoch- und Tiefbau hin zu Holzverarbeitung und Bauinstallationen. Insgesamt sollten 3.500 Arbeitsplätze dazukommen, das Bruttoinlandsprodukt sollte um 0,1 Prozent steigen, sagt Kontext-Analystin Anna Pixer.
Anna Pixer: "Wenn Abfälle richtig getrennt werden, wäre wahnsinnig viel Schrott vorhanden."
Wiederverwendung von Materialien muss günstiger werden
Das alleine wird Ökonomen noch nicht in stürmischen Jubel ausbrechen lassen. Wichter sei laut Rogenhofer aber, dass man die heimische Industrie zukunftsfit macht: "Auch in China wird die Stahlerzeugung grüner. Das sind die Produkte der Zukunft. Unternehmen müssen innovativ sein, damit es ihnen nicht so ergeht wie der europäischen Automobilindustrie."
Um die Kreislaufwirtschaft in Österreich und Europa zu erhöhen, sind laut Kontext einige Maßnahmen notwendig. Vor allem müssten rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Wiederverwendung von Materialien begünstigen. Im Bausektor bestehe momentan etwa das Problem, dass viele Sekundärrohstoffe als klassicher Abfall gelten und bei Wiederverwendung teilweise höhere Standards als Primärrohstoffe erfüllen müssen.
Staat müsste nicht unbedingt mit Geld fördern
Im Gebäudebereich müsste transparenter gemacht werden, welche Materialien wo eingesetzt werden, um Recycling zu erleichtern. Für das Ersetzen fossiler Brennstoffe in der Metallindustrie müsste Infrastruktur für Wasserstoff geschaffen werden. Insgesamt müsste man mit Investitionen von 700 Millionen Euro pro Jahr rechnen. Das Geld könnte etwa aus der Umverteilung von aktuell existierenden klimaschädlichen Subventionen stammen.
Daneben gäbe es auch viele regulatorische Maßnahmen, "die nicht wahnsinnig viel mehr Investitionen bedeuten". Dazu zählen etwa staatliche Sicherheiten oder Garantien. Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen würden von Unternehmen bereits umgesetzt. Einer der Vorreiter sei etwa Eisen- und Stahlproduzent Voestalpine. Für diesen müsste sich aber beispielsweise noch die Verfügbarkeit von Schrott verbessern. Derzeit werde Stahl noch vielfach exportiert und außerhalb des Kontinents verwertet. Auf EU-Ebene wird aber bereits darüber disktuiert, wie man den Abfluss wichtiger Rohstoffe einschränken könnte.
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