Erste Gips-Recycling-Anlage Österreichs öffnet in Stockerau

Die Geschäftsführer der 3 Eigentümer und die 3 GzG-Geschäftsführer bei der Eröffnung der ersten Gips-zu-Gips-Recyclinganlage Österreichs.
Gemeinschaftsprojekt von Porr, Saubermacher und Saint-Gobain nimmt rechtzeitig vor dem Deponierverbot für Gips den Betrieb auf.

Zusammenfassung

  • In Stockerau wurde Österreichs erste Gips-Recycling-Anlage als Gemeinschaftsprojekt von Porr, Saubermacher und Saint-Gobain eröffnet, kurz vor Inkrafttreten des Deponierverbots für Gips.
  • Die Anlage kann jährlich bis zu 60.000 Tonnen Gipsabfall verarbeiten, woraus Saint-Gobain Material für neue Rigipsplatten gewinnt.
  • Das Projekt gilt als wichtiger Schritt zur Kreislaufwirtschaft im Bausektor und soll europaweit als Vorbild für nachhaltige Ressourcennutzung dienen.

Rigipsplatten sind ein beliebter Baustoff, um in Wohnungen und Büros Zimmer abzugrenzen. Bei der Renovierung oder dem Abriss von Gebäuden wurden sie bisher meist auf Deponien entsorgt. Ab 2026 darf das in Österreich aber nicht mehr so sein. Wenige Wochen bevor das Deponierverbot in Kraft tritt, eröffnet im niederösterreichischen Stockerau die erste Gips-zu-Gips-Recyclinganlage des Landes.

Joint-Venture kann 60.000 Tonnen pro Jahr verarbeiten

Der Baukonzern Porr, das Entsorgungsunternehmen Saubermacher und der französische Glas- und Baustoffproduzent Saint-Gobain haben ihr Gemeinschaftsprojekt am Donnerstag feierlich eröffnet. Die GzG Gipsrecycling GmbH, so der Name des Joint Ventures, wird mit der Anlage bis zu 60.000 Tonnen Gipsabfall verarbeiten können. Das Endprodukt wird von St. Gobain als Rohmaterial für neue Rigipsplatten herangezogen. Sie sollen dank der Anlage künftig bis zu 40 Prozent recyceltes Material enthalten.

In dieser Mehrzweckhalle steht Österreichs erste Gips-Recycling-Anlage.

In dieser Mehrzweckhalle steht Österreichs erste Gips-Recycling-Anlage.

"Am Ende muss man alles in Kreisläufen denken"

"Die Gips-zu-Gips-Recyclinganlage ist ein Meilenstein, der Beginn eines neuen Kapitels", sagt Benoit Bazin, CEO der Saint-Gobain Gruppe, bei der Eröffnung. Die Gipsproduktion sei in den vergangenen Jahrzehnten stark angestiegen, ein Übergang zur Kreislaufwirtschaft sei essenziell, um Ressourcen zu schonen. "Aktuell recyceln wir 51 Prozent unseres Abfalls, das sind 1,3 Millionen Tonnen pro Jahr", sagt Josef-Dieter Deix, Vorstand der Porr Gruppe. Die neue Anlage sei ein Mosaikstein, um bis 2030 auf 70 Prozent Recyclingquote zu kommen.

Für Hans Roth, den Gründer von Saubermacher, ist GzG ein Schritt hin zu "Zero Waste", also kompletter Abfallvermeidung, bei Baugips. Das Projekt solle ein Zeichen für ganz Europa setzen. "Am Ende des Tages muss man alles in Kreisläufen denken", sagt die Energie-Staatssekretärin und selbstproklamierte "technologieaffine Ökooptimistin" Elisabeth Zehetner. "Meine Vision ist eine Welt, in der nichts mehr deponiert werden kann."

In diesem Abschnitt der neuen Recyclinganlage werden feiner Gips und Metallreste abgeschieden.

In diesem Abschnitt der neuen Recyclinganlage werden feiner Gips und Metallreste abgeschieden.

Endprodukte werden per Zug abtransportiert

Es sind große Worte für eine Anlage, die sich mit Baukosten von 7,5 Millionen Euro vergleichsweise klein ausnimmt. Vor vier Wochen wurde sie zum ersten Mal mit Material beschickt. Dem ging eine jahrelange Testperiode voraus. Die Entwicklung und die Errichtung übernahm das dänische Unternehmen Retec. Gipsabfälle als Ausgangsmaterial müssen bestimmte Kriterien erfüllen, an die sich die Baubranche seit 1. April 2025 halten muss (Recyclinggips-Verordnung). Angelieferte Gipsplatten müssen etwa frei von Asbest, Dämmstoffen oder Ziegelresten sein.

Das per Lkw nach Stockerau gebrachte Material wird in mehreren Stufen zerkleinert und gesiebt. Per Magnet werden Metallteile, etwa Schrauben und Nägel, herausgezogen. Per Hand werden Plastikfolien entfernt. Heraus kommt Gips in verschiedenen Körnungen, das direkt neben der Anlage in einer riesigen Halle auf großen Haufen landet. Die Endprodukte werden auf Zugwaggons verladen, die auf Gleisen direkt in der Halle parken. Per Zug geht es weiter zum Werk von Saint-Gobain in Bad Aussee, wo das Material in die Produktion einfließt.

Eines der Endprodukte beim Gips-Recycling: Grobkörniges Rezyklat aus Gips und Kartonresten.

Eines der Endprodukte beim Gips-Recycling: Grobkörniges Rezyklat aus Gips und Kartonresten.

Arbeitsplatz für sechs bis neun Menschen

Das Verhältnis von Geschäftsführung zu Arbeiterschaft ist mit 1:1 derzeit noch  ungewöhnlich hoch. Neben den drei Führungspersonen, die den drei Eigentümern von GzG geschuldet sind, wird es in Zukunft aber sechs bis neun Angestellte geben, die im Zweischichtbetrieb die händische Sortierung des Materialstroms übernehmen, verrät Andreas Mehlmauer-Larcher. Er ist gemeinsam mit Monika Döll und Julian Lechner Co-Geschäftsführer von GzG.

Realisierung war nicht ganz einfach

Realisiert wurde das Projekt auch mithilfe einer staatlichen Förderung, betont Peter Giffinger, CEO von St. Gobain Österreich, bei der Eröffnung. Einen bestehenden Gewerbestandort, bei dem auch eine Gleisanbindung besteht, zu verwenden, ist offenbar nicht ganz einfach gewesen. "Sinnlosen Bodenverbrauch müssen wir vermeiden", sagt Stephan Pernkopf, Niederösterreichs Landeshauptfrau-Stellvertreter. "Aber eine Bodennutzung für sinnvolle Vorhaben wird es immer geben."

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