Weltweites Klimaschutz-Ranking: Österreich rutscht deutlich ab
Der von Germanwatch und dem NewClimate Institute jährlich herausgegebene Index zeichnet ein ambivalentes Bild der aktuellen Klimalage: Einerseits sinken die globalen Pro-Kopf-Emissionen und erneuerbare Energien verzeichnen ein massives Wachstum. Andererseits ist das Tempo der Emissionsreduktion weiterhin zu langsam, um die Pariser Klimaziele einzuhalten.
Wie in den Vorjahren bleiben die ersten drei Plätze des Rankings leer, da kein Land der Welt Maßnahmen ergreift, die vollständig ausreichen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Dänemark, Großbritannien und Marokko führen das Feld an
An der Spitze der bewerteten Staaten steht erneut Dänemark (Platz 4). Das Land punktet vor allem in der Klimapolitik und ist weltweit führend im Bereich Offshore-Windenergie. Es folgt Großbritannien (Platz 5), das sich dank eines erfolgreichen Kohleausstiegs um einen Platz verbessern konnte. Allerdings sehen die Experten im Vereinigten Königreich noch Nachholbedarf beim Ausbau erneuerbarer Energien.
Den sechsten Platz belegt Marokko. Das nordafrikanische Land überzeugt durch sehr niedrige Pro-Kopf-Emissionen und große Investitionen in den öffentlichen Verkehr, weist jedoch Schwächen beim Ausbau der Erneuerbaren auf.
„Wir sehen zwar noch keinen Gesamtsieger, aber es gibt Vorreiter in einzelnen Kategorien“, erklärt Niklas Höhne vom NewClimate Institute. Er hebt neben den skandinavischen Ländern auch Pakistan hervor, das aufgrund sehr niedriger Pro-Kopf-Verbräuche überraschend gut abschneidet.
Bernhard Gaul berichtet für den KURIER direkt von der Klimakonferenz in Belém. Alle seine Geschichten zur COP30 können Sie gesammelt hier nachlesen.
Österreich rutscht durch neue Regierung ab
Österreich erreicht im aktuellen Index nur mehr den 35. Platz, im Vorjahr schaffte Österreich noch Platz 23 und ist damit ein „low performer“ (Kategorie „niedrig“). Die Bewertung ergibt sich unter anderem aus einer niedrigen Performance in den Bereichen Treibhausgasemissionen und Klimapolitik und einer sehr niedrigen beim Energieverbrauch.
Während die Daten zu den Emissionen aus dem Vorjahr stammen, wurden die Kategorien Erneuerbare Energien und Energieverbrauch mit Daten aus dem Jahr 2023 berechnet, da diese laut CCPI die aktuellsten verfügbaren sind. Das heißt, die Bewertung der Experten macht nur 20 % des Rankings aus, demnach liegen 80 % in der Verantwortung der Vorgängerregierung. (Dieser Absatz wurde nachträglich im Artikel ergänzt.)
Die EU verlor übrigens drei Ränge und findet sich auf dem 20. Platz wieder.
Die wichtigsten Punkte der Expertenbewertung für Österreich:
- Politische Kehrtwende: Die Experten zeigen sich besorgt über die neue Bundesregierung, der sie Rückschritte in allen Bereichen der Klimapolitik attestieren. Das Budget für den Ausbau erneuerbarer Energien wurde gekürzt, während klimaschädliche Subventionen für fossile Brennstoffe erhöht wurden.
- Abschaffung des Klimabonus: Die Streichung des Klimabonus - eine sozialpolitische Maßnahme zur Abfederung der CO2-Steuer - wird scharf kritisiert. Dies komme faktisch einer Steuererhöhung gleich, treffe einkommensschwache Haushalte hart und untergrabe die Akzeptanz für die CO2-Bepreisung.
- Verkehr: Das „KlimaTicket“ wird positiv hervorgehoben, allerdings mangelt es in ländlichen Regionen an Infrastruktur. Zudem bremse die Regierung mit der Rhetorik der „Technologieoffenheit“ den notwendigen Umstieg auf Elektromobilität und den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor.
- Fossile Expansion: Es gibt keine Politik zum Stopp fossiler Explorationen. Im Jahr 2024 wurden sogar neue Probebohrungen nach Gas genehmigt und durchgeführt, teilweise am Rande eines Nationalparks.
- Lichtblicke: Auf Landesebene funktioniert der Ausbau erneuerbarer Energien teilweise gut, was auch der frühen Einbindung der Bevölkerung zugeschrieben wird.
Umweltminister Totschnig: "sehr durchschaubare Bewertung"
In einer ersten Reaktion erklärte Umweltminister Norbert Totschnig: „Man muss die Kirche im Dorf lassen und diesen Bericht richtig einordnen. Der Index ist im Wesentlichen eine politische Bewertung von europäischen NGOs, das ist sehr durchschaubar. Wir sind in Österreich und Europa auf einem sehr guten Weg, den Umstieg von fossilen zu erneuerbaren Energieträgern und den effizienteren Energieeinsatz rasch vorantreiben. Das muss aber mit einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft sowie dem Erhalt der Arbeitsplätze und dem Schutz des Wohlstands einhergehen.“
Grüne: "Rückwärtsgang in der Klimapolitik"
Lukas Hammer, Umweltsprecher der Grünen, meinte zum Ergebnis: "250 Tage Rückwärtsgang in der Klimapolitik durch die neue Regierung zeigen sich auch in der Bewertung durch Expert:innen. ÖVP, SPÖ und Neos haben in wenigen Monaten ihre Glaubwürdigkeit eingebüßt. Österreich ist auf dem 35. Rang gelandet und damit in der Kategorie ‚Low‘. Lobau-Tunnel-Fantasien, neue klimaschädliche Subventionen, Budgetkürzungen und die Zurückhaltung bereits beschlossener Mittel für die Klimafinanzierung auf EU-Ebene bringen Österreich nicht weiter. Jedes Klima- und Umweltgesetz wird von ÖVP-Ministern sabotiert."
Seine Kollegin, EU-Abgeordneten Lena Schilling ergänzt: „Österreich Talfahrt beim Klimaschutz Index ist das Ergebnis einer Bundesregierung, die Klimaschutz systematisch demontiert. Bei dieser klimapolitische Geisterfahrt darf man sich dann nicht über den Crash wundern."
USA im freien Fall: Absturz in den Tabellenkeller
Die negativen Schlagzeilen des diesjährigen Index gehören den großen Förderländern fossiler Brennstoffe. Die USA sind auf Rang 65 abgestürzt – den drittletzten Platz. Damit rangieren die Vereinigten Staaten noch hinter Russland und knapp vor Iran (66) und dem Schlusslicht Saudi-Arabien (67).
Thea Uhlich von Germanwatch kommentiert den drastischen Abstieg der USA deutlich: „Die USA haben einen bemerkenswerten Absturz erlebt. Die größten Öl- und Gasproduzenten sind im Tabellenkeller quasi unter sich und zeigen keine Anzeichen, sich vom Geschäftsmodell der fossilen Brennstoffe zu verabschieden. Sie verpassen damit den Anschluss an die Zukunft.“
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