"Russland-Pleite wäre für den Westen verkraftbar"
Russland steht vor der Staatspleite. Sagen Analysten an den Finanzmärkten. "Putins Herrschaft begann mit einer Staatspleite. Und sie endet in einer Staatspleite", meint Timothy Ash, Stratege bei Bluebay Asset Management. Das ist ein britischer Finanzdienstleister. Russland war zuletzt 1998 pleite. Wladimir Putin wurde nicht zuletzt deswegen 2000 Präsident.
Aber was ist geschehen? Am Mittwoch hat das Land zum ersten Mal Zahlungen für zwei Fremdwährungsanleihen von 650 Millionen Dollar (595 Mio. Euro) eben nicht in Dollar, sondern in Rubel geleistet. Das geht laut Vertrag nicht. Man kann Schulden in Äpfel nicht mit Birnen zurückzahlen. Aber warum macht Russland das? "Vermutlich, weil sie nur über eine begrenzte Anzahl an Dollar verfügen", sagt Monika Köppl-Turyna, Leiterin des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria.
Vor dem Krieg lagen die Devisenreserven bei umgerechnet ca. 585 Mrd. Euro. Als Folge der Invasion ist ein großer Teil des Staatsschatzes durch die westlichen Regierungen eingefroren.
Pokert Russland?
Kann es aber nicht sein, dass die Russen pokern und sie in Wahrheit noch genug Dollar auf der Kante haben? Köppl-Turyna: "Selbst, wenn sie technisch in der Lage wären, die Anleihen in Dollar zu bedienen – wenn sie es nicht machen, interessiert es niemanden, was der Grund dafür ist. Dann ist man in Verzug und wird als zahlungsunfähig eingestuft."
Die internationalen Ratingagenturen Fitch und S&P haben schon klargemacht, dass sie es als Pleite werten würden, wenn der Schuldendienst in einer anderen Währung als der vereinbarten erfolgen würde. Das ist wichtig. Denn die Ratingagenturen sind quasi die Schiedsrichter der internationalen Finanzwelt und entscheiden über die Zahlungsfähigkeit eines Landes. Russland hat jetzt noch eine Frist von 28 Tagen, um die Anleihen in Dollar zu zahlen.
Aber gerade, weil Moskau vielleicht nur pokert, bezeichnet Köppl-Turyna Spekulationen über eine Staatspleite "als Kaffeesudlesen". Eine Pleite würde die Kriegsfinanzierung jedenfalls erschweren. Weil man im Ausland keine neuen Anleihen mehr begeben kann. Aber das ist ja schon jetzt so gut wie unmöglich. Die Auswirkungen einer Staatspleite Russlands auf den Westen seien wohl zu stemmen, sagt Köppl-Turyna. Russlands Banken sind ja bereits jetzt zu einem guten Teil aus dem westlichen Bankensystem ausgekoppelt. Die Verflechtungen seien "deutlich geringer" als etwa jene mit amerikanischen Banken.
Russland hat aktuell 15 internationale Anleihen mit einem Nennwert von umgerechnet 36 Mrd. Euro ausstehen – ein Ausfall derer sei "verkraftbar". Die internationalen Schulden von Russland insgesamt – Staat und Firmen – liegen bei umgerechnet 440 Mrd. Euro.
Was aktuell nicht zu einer Staatspleite passen will, ist die Wertentwicklung des Rubel. Die russische Währung notierte in Dollar gestern höher als vor Kriegsbeginn. Allerdings sind die Devisenreserven der Zentralbank in Moskau seither nach eigenen Angaben um umgerechnet 36 Mrd. Euro geschmolzen, sodass davon ausgegangen werden kann, dass Russland die heimische Währung stützt.
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