Russland bankrott? Das passiert, wenn Staaten pleitegehen
„Wir sehen einen Zahlungsausfall als wahrscheinlichstes Szenario“, schreibt die US-Investmentbank Morgan Stanley. „Ich wäre schockiert – absolut schockiert“, sagt der Ex-Hedgefondsmanager Jay Newman auf Bloomberg. Was ist passiert? Die Ratingagentur Fitch hat Russlands Bonitätsnote erneut gesenkt. Das Unternehmen stufte die Kreditwürdigkeit am Dienstag von B auf C in den sogenannten Ramschbereich ab.
Die Agentur bewertet das Risiko, dass Russland seine Staatsschulden nicht mehr zurückzahlen kann, als „unmittelbar bevorstehend“.
Russland ist "Ramsch"
Auch die zwei anderen großen Ratingagenturen S&P und Moody's haben Russlands Bonität in den Ramschbereich gepresst. Stellt sich die Frage: Können Staaten pleitegehen? Und was passiert dabei?
Zur ersten Frage: Ein Staat kann selbstverständlich pleitegehen. So etwas passiert immer wieder. Die Griechenland-Krise ist uns allen noch gut in Erinnerung. Island, Argentinien und Mexiko sind auch drei Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit.
Russland war zuletzt 1998 pleite. Im Zuge der Asienkrise 1997/98 stieg die Nervosität an den Finanzmärkten und das Weltwirtschaftswachstum begann sich zu verlangsamen. Das brachte die Rohstoffpreise zum Einsturz und traf die russische Wirtschaft äußerst hart.
Pleite ist "Normalfall"
Tatsächlich waren die meisten Staaten schon einmal bankrott. Meistens waren Kriege schuld. So mussten schon die Römer wegen der Punischen Kriege ihre Währung abwerten. In China kam es 1425 zur ersten Staatspleite, weitere folgten 1921 und 1939.
Spanien war im 16. Jahrhundert gleich dreimal pleite. Am Vorabend der Französischen Revolution war Frankreich zahlungsunfähig. Das Land muss den größten Teil seiner Einnahmen für den Schuldendienst aufwenden - eine der Ursachen der Revolution.
Österreich bankrott
Österreich war übrigens 1811 bankrott, sowie nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Deutschland war ebenfalls nach dem Ersten und nach dem Zweiten Weltkrieg pleite. Besonders präsent ist die Pleite Argentiniens 2001/2002. Sie war Folge einer schweren Rezession, aber auch der Überbewertung des Pesos durch die Koppelung an den US-Dollar. Die argentinische Währung wurde drastisch abgewertet, das Bankensystem fiel ins Chaos, das Bruttoinlandsprodukt sank um 20 Prozent, die sozialen Folgen waren verheerend.
Was dann passiert
Das zeigt auch schon, was bei einer Pleite des Staates passiert. Wenn ein Staat pleitegeht, hat das oft dramatische Folgen für seine Bürger, vor allem für die, die ohnehin nicht viel haben. Von „Staatsbankrott" spricht man also, wenn ein Staat seine Schulden nicht mehr bezahlen kann.
Der Staat kann dann seine Aufgaben nicht mehr erfüllen. Also keine Müllabfuhr mehr zum Beispiel. Und er kann die Beamten nicht mehr bezahlen. Vor allem Polizei, Feuerwehr, Krankenhaus-Personal und Teile des Behörden-Apparats bekommen weniger oder gar kein Geld mehr. Es gibt auch weniger Geld für Kindergärten, Schulen, Universitäten.
Kein Geld mehr
Renten, Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Steuererstattungen, Bezüge und Pensionen können auch gekürzt werden oder ausfallen. Die Staatspleite beginnt technisch gesehen dann, wenn der Staat die Anleihen, die er regelmäßig auflegt, um seine laufenden Kosten zu decken, nicht mehr zurückzahlen kann.
Das trifft zunächst die Gläubiger – das sind größtenteils Banken und Pensionsfonds. Das Land bekommt deshalb auch keine neuen Kredite mehr und bleibt auf neuen Anleihen sitzen. Die Bürger geraten natürlich in Panik und versuchen, ihre Konten zu räumen. Das verschärft den Druck auf die Banken und führt zu Bankpleiten.
Unternehmen erhalten so aber keine neuen Kredite mehr und können nicht investieren. Die Folge ist eine Pleitewelle samt Massenarbeitslosigkeit. Weitere Folge: Die Steuereinnahmen brechen weg.
Der Ausweg
Und wie kommen Staaten da wieder raus?
Brutal aber wahr: indem die Gläubiger und die Steuerzahler bluten. Ihr Geld ist meist zur Gänze weg. Oft müssen deshalb zunächst auch die Gläubiger gerettet werden. In der Griechenlandkrise waren das deutsche und französische Banken, die dem Land Geld geborgt hatten.
Und die Staaten selbst müssen sich einem strengen Sparkurs verschreiben. Für die geprügelten Staatsbürger ist das dann der nächste Hammer. Aber nur so haben Staaten eine Chance, wieder an Geld zu kommen. Da kommt dann der Internationale Währungsfonds (IWF) vorbei und stellt die Regeln auf. Und nicht zuletzt müssen die Staaten oft große Teile an Staatseigentum verkaufen.
Und Russland?
Wenn Russland jetzt kracht, würden auch die internationalen Gläubiger dafür zahlen. Im Inland würde Putin vermutlich den Weg Lenins einschlagen müssen. Vor 100 Jahren war Russland infolge des kommunitistischen Putsches von 1917 und des Bürgerkriegs bankrott. Abgeschnitten von der Welt, blieb Moskau nur ein Weg: Kriegskommunismus. Also: totale Verstaatlichung, Kriegsrecht, Enteignung der Bürger und Gewalt.
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