Die Party ist vorbei
Wolfgang Unterhuber
09.03.22, 05:00Wie weit wird der Westen bei den Sanktionen gegen Russland noch gehen? Da eine militärische Intervention den atomaren Dritten Weltkrieg auslösen würde, bleibt als schärfste Waffe nur noch eine komplette Gas- und Öl-Blockade. Beim Öl wollen die USA offenbar schon einmal den Hahn aus Russland zudrehen. Und die EU?
Sie will die Gasimporte um zwei Drittel reduzieren. Bis Jahresende. Derzeit kommen 45 Prozent der europäischen Gasimporte aus Russland. In Österreich sind es sogar 80 Prozent. In der Sprache der Börsianer könnte man also durchaus von einem sogenannten Klumpen-Risiko sprechen.
Spielen wir es einmal durch
Was wäre, wenn der Westen Wladimir Putin Öl und Gas abdreht? Oder vielleicht sogar umgekehrt. Wie Putin tickt, weiß wohl niemand mehr. Für Russland wäre das jedenfalls existenzbedrohend. Das Land leidet jetzt schon stark unter den bisherigen Sanktionen. Die zuletzt kolportierte Meinung, Russland würde dann verstärkt China mit Gas beliefern, ist nicht haltbar. Dafür braucht es eine Infrastruktur. Zwar werden neue Gasleitungen nach China gebaut, aber bis zur Fertigstellung dauert es noch Jahre.
Besteht die EU also aus Weicheiern?
Vermutlich stellen sich einige bedachtsame Politiker die Frage, wie Putin auf ein westliches Embargo reagieren würde. Innenpolitisch vermutlich mit einer Art Kriegskommunismus wie im Bürgerkrieg vor hundert Jahren unter den Bolschewisten. Also mit Kriegsrecht, Rationierung von Lebensmitteln, Gewalt et cetera. Was er außenpolitisch und militärisch aushecken würde, liegt völlig im beunruhigenden Dunkel. Nur eines ist sicher: Umkehren würde Putin nicht.
Und die Folgen für den Westen?
Bei einer sofortigen Öl- und Gasblockade würden die Energiepreise endgültig durch die Decke gehen. Man muss kein Experte sein, um eine explodierende Inflation samt Rezession zu prognostizieren. Also Massenarbeitslosigkeit, Produktionsrückgang und Geldentwertung. Und noch etwas ist so gut wie sicher: Wenn der Westen total auf Gas und Öl aus Russland verzichtet, wird der nächste Winter kalt. Vielleicht nicht ganz in den eigenen vier Wänden, aber in der Wirtschaft sicher.
Der Westen hat sich also in eine Sackgasse manövriert. Wir haben in der Vergangenheit gut und billig mit Öl und Gas aus Russland gelebt. Daraus jetzt politisches Kleingeld zu schlagen, wie dies Grünen-Chef Werner Kogler tat, bringt uns nicht weiter. Wir steuern auf einen veritablen Wirtschaftskrieg zu, auf den wir überhaupt nicht vorbereitet sind. Da heißt es Ruhe bewahren und so rasch wie möglich raus aus der Falle. Das wird speziell bei Gas sehr schwierig werden. Aber wir haben keine Wahl.
Die Party ist vorbei.
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