Putins Krieg gegen die Ukraine schadet Russlands Wirtschaft massiv

FILE PHOTO: Russian President Vladimir Putin meets with the head of the Republic of Ingushetia Makhmud-Ali Kalimatov in Moscow
Das BIP dürfte um sieben bis 15 Prozent schrumpfen, die Inflation könnte auf 30 Prozent steigen.

Der Angriff Russlands auf die Ukraine dürfte den Aggressor wirtschaftlich teuer zu stehen kommen. Das wiiw rechnet heuer mit einer Schrumpfung des BIP um 7 bis 15 Prozent. Die Inflation könnte auf 30 Prozent steigen. Die Kriegsführung werde zwar vorerst ohne Energieembargo nicht am Geld scheitern, eher am Mangel an Soldaten und Waffen. Die Sanktionen würden die Kriegsfinanzierung aber mittelfristig verhindern, insgesamt seien die Aussichten für Russland mittelfristig negativ.

Massiver Einbruch

Die hohe Inflation dürfte die realen Haushaltseinkommen und damit den privaten Konsum in Russland massiv einbrechen lassen. Die industrielle Produktion sei von Lieferkettenproblemen wegen der Sanktionen und dem Rückzug vieler westlicher Firmen hart getroffen, so Vasily Astrov, Russland-Experte am Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleich (wiiw). Das von der Regierung angekündigte Konjunkturpaket zur Krisenbewältigung werde diese Probleme kaum lösen können.

Die russische Zentralbank habe die Volkswirtschaft mit strengen Kapitalverkehrs- und Devisenkontrollen, regulatorischen Erleichterungen für Banken und der Verdoppelung der Zinsen auf 20 Prozent stabilisieren können und "eine finanzielle Kernschmelze verhindert". Doch das Vertrauen der Anleger sei untergraben, die Kreditkosen stiegen, so Astrov.

Mittelfristig seien die wirtschaftlichen Aussichten für Russland in Summe "weitgehend negativ", urteilt das wiiw in einer am Dienstag veröffentlichten Studie zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Kriegs. Der Überfall Russlands auf die Ukraine habe die Auflösung der seit 30 Jahren aufgebauten wirtschaftlichen Vernetzung Russlands mit dem Westen eingeleitet.

"Selbst wenn die Sanktionen irgendwann gelockert werden sollten, wird der Februar 2022 wahrscheinlich als Wendepunkt in die Geschichtsbücher eingehen, an dem die Integration Russlands in die europäische Wirtschaft für längere Zeit gescheitert ist", schreibt Richard Grieveson, stellvertretender Direktor des wiiw und Co-Autor der Studie.

Rückstand verfestigt sich

Die russischen Unternehmen würden durch die Sanktionen und den massenhaften Exodus westlicher Firmen ihren Zugang zu westlicher Technologie verlieren, was den Rückstand Russlands zu den reichen Ländern verfestigen werde. Der Ausbau des Handels mit Asien, vor allem China, könne das nur zum Teil kompensieren. Die Realeinkommen dürften nach dem jetzigen Einbruch auf dem niedrigeren Niveau stagnieren.

Schadenfreude sollte im Rest Europas allerdings nicht aufkommen, denn auch im übrigen Europa treiben Krieg und Sanktionen die Inflation "in immer lichtere Höhen", wie das wiiw festhielt. Das werde Realeinkommen und Wachstumsaussichten dämpfen. Eine Verdoppelung des Erdgaspreises senke etwa das Wirtschaftswachstum Deutschlands um 1 Prozent pro Jahr.

"Ungleich größer wären natürlich die Schäden, sollte die EU ein Energieembargo gegen Russland verhängen oder Moskau von sich aus kein Gas mehr liefern", so Grieveson. Das treffe vor allem Österreich, Deutschland, Italien und osteuropäische EU-Staaten, die bei Gas besonders von Russland abhängig sind. Dennoch wäre ein Energieembargo vorstellbar, wenn Russland Chemiewaffen einsetzte oder weitere Kriegsverbrechen begehe.

Der von Russland vom Zaun gebrochene Krieg werde aber auch grundlegende strukturelle Veränderungen in der EU bewirken. So werde viel mehr Geld in die Verteidigung fließen, die Transformation zu erneuerbaren Energieträgern werde beschleunigt, und die Wirtschaftsintegration der EU mit Russland stehe vor dem Aus. Grieveson rechnet damit, dass sich die Staaten zwischen EU und Russland zumeist für die EU entscheiden werden und dass die EU-Integration der Staaten am Westbalkan beschleunigt wird.

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