Paukenschlag bei Borealis: Vorstandschef Thomas Gangl geht

Paukenschlag bei Borealis: Vorstandschef Thomas Gangl geht
Der Vertrag wird einvernehmlich aufgelöst. Er wird mit Ende Juni den Konzern verlassen.

Bei österreichischen Chemie- und Kunststoff-konzern Borealis AG kommt es zu einer Überraschung: Wie der KURIER erfahren hat, trennt sich Borealis von Vorstandschef Thomas Gangl. Der Vertrag wird einvernehmlich aufgelöst. Er wird mit Ende Juni den Konzern verlassen. Gangl hätte grundsätzlich einen Vertrag bis Mitte 2025 gehabt. Der Posten soll relativ schnell nachbesetzt werden.

Laut Borealis-Aussendung heißt es dazu: „Thomas Gangl ist eine Vorstandspersönlichkeit mit einem breiten Erfahrungsschatz bei der OMV, zuletzt als CEO der Borealis. Ich danke ihm für seine wertvollen Beiträge, die er in den vergangenen zwei Jahrzehnten für die OMV-Gruppe geleistet hat“, sagt Daniela Vlad, Mitglied des OMV-Vorstands und Vorsitzende des Borealis-Aufsichtsrats. „Ich wünsche ihm alles Gute für seine zukünftigen Aufgaben.“

Hinter vor gehaltener Hand wurde an Gangl Kritik geübt, weil sich die Borealis wirtschaftlich nicht so gut entwickelt hat wie erwartet. Im vergangenen Jahr ist er in einer Hauptversammlung nicht entlastet worden, weil es Kritik an der Führung des Unternehmens gegeben hat. Bei zwei großen Projekten (Bauprojekt in Belgien, Joint-Venture mit Total) musste wirtschaftlich nachgebessert werden.

Paukenschlag bei Borealis: Vorstandschef Thomas Gangl geht

Thomas Gangl, CEO von Borealis

Seine Erfolge

Thomas Gangl, der seine Karriere 1998 bei der OMV begann, war erst im April 2021 zum Borealis-Chef ernannt worden. „Er war maßgeblich beteiligt an der Weiterentwicklung der Strategie 2023, in deren Mittelpunkt die Nachhaltigkeit steht sowie an der beschleunigten Transformation des Unternehmens hin zu einer Kreislaufwirtschaft“, heißt es in der Aussendung. „Zu den wichtigsten Meilensteinen seiner Amtszeit gehören der Verkauf des Stickstoffgeschäfts, die Übernahme der Rialti Spa in Italien sowie die Unterzeichnung der Übernahme von Integra Plastics in Bulgarien.“ Nachsatz: „Darüber hinaus steuerte Gangl die Verlängerung der Joint-Venture-Vereinbarungen von Borealis mit Borouge, den erfolgreichen Börsengang von Borouge am ADX und die endgültige Investitionsentscheidung für die Borouge-4-Anlage in Ruwais, Vereinigte Arabische Emirate, die nach ihrer Fertigstellung der weltweit größte Polyolefin-Komplex an einem Standort sein wird.“

Fusion von Borealis und Borouge

Borealis gehört zu drei Vierteln der OMV, ein Viertel der Anteile hält die Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc), die auch OMV-Miteigentümer ist (siehe Grafik). Letztes Jahr wurde bekannt, dass OMV und Adnoc über eine Fusion der Chemietöchter Borealis und Borouge verhandeln. Dadurch würde ein Konzern mit einem Jahresumsatz von mehr als 20 Milliarden Dollar und einem Börsenwert von mehr als 30 Milliarden Dollar entstehen.

Paukenschlag bei Borealis: Vorstandschef Thomas Gangl geht

Ein solcher Konzern hätte deutliche Vorteile im globalen Wettbewerb, etwa weil er über die Patente der Borealis und den Zugang zu günstigen Rohstoffen der Borouge verfügen würde. Geographisch würden sich die Unternehmen mit ihren Schwerpunkten in Europa und Asien ebenfalls gut ergänzen.

Spießen dürfte es sich laut Berichten vor allem daran, wer in dem Konzern das Sagen hat. An der Börse ist Borouge etwa doppelt so hoch bewertet wie Borealis, in Wien will man die Kontrolle aber nicht verlieren. Die OMV will eine "Partnerschaft auf Augenhöhe", mit gleich großen Beteiligungen und einem börsennotierten Rest. Das könnte erreicht werden, indem die OMV zusätzliches Kapital in den Konzern einbringt. Offen wären dann aber noch immer die Fragen, wo der Firmensitz ist und an welcher Börse das Unternehmen gelistet ist. Die Rochade an der Spitze von Borealis könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Fusion bevorsteht.

"Borealis hat seinen Hauptsitz in Wien, Österreich, beschäftigt rund 6.000 Mitarbeiter und ist in mehr als 120 Ländern aktiv. Im Jahr 2022 erwirtschafteten wir einen Nettogewinn von EUR 2,1 Milliarden. Das in Österreich ansässige internationale Unternehmen für Energie, Kraftstoffe und Rohstoffe sowie Chemikalien und Materialien, OMV hält 75 % unserer Anteile. Die Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) hält die restlichen 25 %.", heißt es auf der Homepage.

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