OMV-Chef: Spionagefall wird Verhältnis zu Adnoc nicht belasten

OMV-CEO Alfred Stern (li.) zu Gast im Klub der Wirtschaftspublizisten.
Alfred Stern spricht über die jüngste Affäre beim Mineralölkonzern, über den Stellenabbau und Wünsche an die europäische Politik.

Zusammenfassung

  • OMV-Chef Stern sieht durch den Spionagefall keine Belastung für die Partnerschaft mit Adnoc und äußert sich zurückhaltend zu laufenden Ermittlungen.
  • Im Rahmen eines Sparprogramms plant die OMV den Abbau von rund 2.000 Stellen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und Kosten zu senken.
  • Stern betont die Notwendigkeit von Technologieoffenheit, Investitionen in nachhaltige Energie und eine pragmatischere EU-Regulierung für die Zukunft der OMV.

Österreichs größtes Energieunternehmen war in den vergangenen Wochen medial sehr präsent. Erst am Wochenende wurde bekannt, dass ein Mitarbeiter Informationen aus dem Konzern an den russischen Geheimdienst weitergegeben hat. Am Montag war OMV-Chef Alfred Stern zu Gast im Klub der Wirtschaftspublizisten. Zum Spionagefall verriet er dabei nicht viel, dafür aber zum geplanten Stellenabbau und zur aktuellen wirtschaftlichen Lage.

Spion war jahrelanger Mitarbeiter

"Ich möchte um Verständnis bitten, dass wir im laufenden Ermittlungsverfahren keine Details verkünden", sagt Stern. Der betreffende Mitarbeiter sei sofort gekündigt worden. Er bekleidete im Unternehmen keine leitende Funktion, hat aber lange für die OMV gearbeitet. Auch für OMV-Miteigentümer Adnoc ist der Mitarbeiter angeblich eine Zeit lang tätig gewesen. Danach gefragt, ob die Affäre das Verhältnis zum Partner aus Abu Dhabi belaste, meint Stern: "Die OMV arbeitet seit 30 Jahren mit Adnoc zusammen. Es ist eine starke Partnerschaft. Da lässt man sich nicht von Nebenschauplätzen ablenken."

Personalabbau soll Wettbewerbsfähigkeit verbessern

Wie durch einen Bericht des KURIER bekannt wurde, ist im Rahmen eines Sparprogramms bei der OMV ein Abbau von rund 2.000 Stellen geplant. Stern bestätigt diese Zahl. In Österreich werde eine mittlere dreistellige Zahl von Mitarbeitern davon betroffen sein. Wie viele Mitarbeiter genau bei welchen Unternehmen (z.B. Borealis) gehen müssen, sei noch unklar. "Wir haben gerade erst angefangen, mit den Betriebsräten zu reden. Es wird noch ein bisschen dauern."

Der Stellenabbau sei eine der Maßnahmen, um bis 2027 insgesamt 400 Millionen Euro einzusparen. Das sei notwendig, um international wettbewerbsfähig zu bleiben und die Zukunftsfähigkeit der OMV zu sichern. Löhne seien inflationsbedingt stark gestiegen in den vergangenen Jahren. Auch dadurch müsse man in diesem Bereich verschlanken. Man werde aber alle Kostenbereiche der OMV durchforsten.

Genauso gut zu sein bedeutet Rückschritt

Die Transformation der OMV zu einem integrierten Energie-, Kraftstoff- und Chemieunternehmen finde in einem zunehmend herausfordernden Umfeld statt. Das Unternehmen befinde sich dabei aber auf Kurs. "Wir müssen morgen besser sein als heute. Wenn wir morgen nur so gut sind wie heute, haben wir schon verloren in unserem Industrieumfeld", sagt Stern. Den Satz wiederholt er während des Gesprächs mehrfach.

Fossile gehören auch zur Energiezukunft

Im Energie- und Kraftstoffbereich nimmt Stern eine OMV-Tankstelle im oberösterreichischen St. Valentin als Beispiel. Dort werde ein "Multi-Fuel-Konzept" umgesetzt. Man könnte Benzin, Diesel, HVO100 (Biodiesel) tanken, und dazu E-Autos und E-Lkw mit bis zu 400 Kilowatt Leistung beladen. Stern sieht darin eine "verantwortungsvolle Transformation". Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, gehören fossile Energieträger weiterhin dazu, aber gleichzeitig auch nachhaltige Produkte, um für die Zukunft gut aufgestellt zu sein.

Die OMV investiere deshalb auch in nachhaltige Flugzeugtreibstoffe (SAF), in Kunststoff-Recycling oder in Geothermie (z.B. Deeep-Projekt in Wien Aspern). Zur CO2-Bepreisung bekennt sich Stern. Das europäische Emissionshandelsystem funktioniere hervorragend. Blockiert fühlt sich Stern allerdings von der europäischen Überregulierung.

Mehr Pragmatismus von der EU gewünscht

Als Beispiel nennt Stern etwa die verpflichtende Beimengungsquote von SAF zu Kerosin. 2025 soll sie 2 Prozent betragen, 2030 dann 6 Prozent, 2035 schließlich 20 Prozent. Stern wünscht sich hier eine pragmatischere Herangehensweise, etwa einen weniger exponentiellen Hochlauf, um Nachfrage und Angebot besser aufeinander abzustimmen und nicht unnötig hohe Kosten bei Herstellern zu verursachen.

Stern plädiert auch für Technologieoffenheit - ein von Klimaschützern viel gescholtener Begriff -, wofür sich die OMV weiterhin stark machen werde. Man solle dem Wettbewerb am freien Markt vertrauen und weniger ideologische Gesetzgebung betreiben. "Wenn wir Technologieoffenheit bewahren, kann ich garantieren, dass 8 Milliarden Menschen auf der Welt mit der besten Lösung kommen werden, nicht ein Gesetzgeber."

Europa sei einer starken Veränderung der Weltordnung unterworfen und müsse seine Wettbewerbsfähigkeit verteidigen. Energie sei maßgeblich dafür, die Energiewirtschaft müsse man aber komplett neu denken. "Ich bin überzeugt, dass wir in Europa die Kompetenzen dafür haben, aber wir müssen uns auf Begeisterung für Innovation zurückbesinnen."

Erdgasfunde sollen Europa unabhängiger machen

Die OMV trage ihren Teil dazu bei, etwa mit Technologien für die Kreislaufwirtschaft. Außerdem arbeite das Unternehmen intensiv daran, sich bei Lieferanten zu diversifizieren und den Eigenversorgungsgrad zu erhöhen. In Wittau im Weinviertel sei der größte Gasfund seit 40 Jahren gemacht worden. Das Projekt Neptun Deep im Schwarzen Meer werde einen wertvollen Beitrag zur Gasversorgung Europas leisten. Rumänien könnte damit vollständig versorgt werden, dazu wird Erdgas per Pipeline weiter exportiert werden. Das sei günstiger, effizienter und klimafreundlicher als Flüssiggas-Importe.

Indem man das Angebot an Energie in Europa erhöhe, könne man auch die Preise senken, meint Stern. Auch hier seien bessere Investitionsbedingungen die Grundlage - für alle Energieformen.

Borouge Group International ist Sterns größter Erfolg

Die Verschmelzung von Borealis, Borouge und Nova Chemicals zur Borouge Group International (BGI) mit Sitz in Wien läuft laut Stern ganz nach Plan. Den Abschluss des Deals erwartet er im ersten Quartal 2026. Er sei der wohl größte Erfolg seiner Laufbahn als OMV-CEO, so Stern. Er wird seinen Posten Ende August 2026 räumen und an einen Nachfolger übergeben.

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