Christina Verchere, CEO der Rumänien-Tochter Petrom, werden gute Chancen eingeräumt. Sie hatte sich 2021 nach dem Abgang von Rainer Seele um den Job beworben.
Die 54-jährige Schottin, die zuvor bei BP jobbte, soll im Aufsichtsrat eine gute Präsentation hingelegt haben, sprach aber kein Deutsch. Das Rennen machte damals Alfred Stern. Möglicherweise klappt es im zweiten Anlauf. Fragt sich allerdings, ob der zweitgrößte OMV-Aktionär, die staatliche Adnoc (Abu Dhabi, 24,9 Prozent), eine Frau als CEO akzeptieren würde.
Ein weiterer Nachfolger bietet sich innerhalb des Konzerns an. Stefan Doboczky, 57, Ex-Chef von Lenzing und aktuell CEO der Chemietochter Borealis. Diese wird bekanntlich mit der zu Adnoc gehörenden Borouge zum riesigen Petrochemiekonzern Borouge Group International verschmolzen. Stern wurde schon als Chef für dieses Milliarden-Joint-Venture gehandelt, dementierte aber.
Doboczky würde zunächst mit der Fusion seinen Job als Borealis-CEO verlieren, könnte aber an die Spitze der OMV wechseln. Der Chemiker gilt als ausgezeichneter Manager mit internationaler Erfahrung.
Seele im Hintergrund
In der Branche wird auch Thomas Gangl, 53, ehemaliger OMV-Chemievorstand und Borealis-Chef, als neuer Konzernboss genannt. Diese Version hat netzwerktechnisch einiges mit Rainer Seele zu tun. Der ehemalige OMV-Boss Seele lebt seit drei Jahren in Abu Dhabi und berät Sultan Ahmed Al Jaber, Industrieminister und CEO von Adnoc.
Seele könnte, hört man, bei XRG andocken, wo Al Jaber Chairman (Aufsichtsratsvorsitzender) ist. Abu Dhabi bündelt in dieser Holdinggesellschaft alle Investments für die Energie-Transformation, also Chemicals, Gas und Low Carbon Energy. Die Gesellschaft baut derzeit ein Portfolio im Wert von 80 Milliarden Dollar auf und würde auch die neue Borouge Group International umfassen.
Bei Vorstandsbestellungen der teilstaatlichen OMV hat Adnoc im Aufsichtsrat einiges mitzureden. Die CEO-Position wird zwar international ausgeschrieben, aber die langjährige Freundschaft zu Seele würde Top-Manager Gangl zumindest nicht schaden.
Was aber wird Stern beruflich nach der OMV unternehmen? Im Unternehmen wird gemutmaßt, der Chef könnte in die USA abwandern. Stern ist mit einer US-Amerikanerin verheiratet und soll in letzter Zeit öfter mit Cowboy-Stiefel zum Anzug gesehen worden sein.
Er sitzt seit heuer als unabhängiger Vertreter im Board (Aufsichtsrat) des US-Unternehmens Air Products. Dieser Konzern mit 23.000 Mitarbeitern, 12 Milliarden Dollar Umsatz und einer Marktkapitalisierung von 60 Milliarden Dollar produziert Industrie-Gase und ist nach eigenen Angaben der weltweit führende Anbieter von Wasserstoff.
Auch wenn Stern bei der heimischen Politik nicht immer gut angeschrieben war – was für einen Manager hierzulande eher eine Auszeichnung ist – hätte der Aufsichtsrat Stern verlängert. Der pragmatische Techniker trat nach Seele ein schweres Erbe an und musste die Russland-Abenteuer aufräumen. Der Ausstieg kostete die OMV knapp 2,5 Milliarden Euro. Die Belegschaft war froh über den neuen Chef Stern, der eine positive Unternehmenskultur einführte und im Gegensatz zu seinen Vorgängern uneitel und umgänglich ist. Er schaffte den Ausstieg aus russischem Gas und verordnete der OMV eine neue Strategie. Raus aus konventionellem Öl und Gas hin zu Nachhaltigkeit und Chemie.
„Unter seiner Federführung wurde mit dem Deal zur Gründung der Borouge Group International österreichische Wirtschaftsgeschichte geschrieben“, streut Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) Stern Rosen.
Er zolle Stern Respekt für sein Weitsicht durch eine frühzeitige Bekanntgabe, damit bestehe ausreichend Zeit, um für eine geregelte Nachfolge zu sorgen. Der Nachfolger müsse eine renommierte, internationale Top-Managementpersönlichkeit sein.
andrea.hodoschek@kurier.at
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