Schlankheitskur bei OMV-Tochter Borealis für die Milliarden-Fusion

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Ebenfalls Einspar- und Effizienzprogramme, Partner in Abu Dhabi wollen Synergien auf eine Milliarde Dollar jährlich verdoppeln.
Andrea Hodoschek

Andrea Hodoschek

Im teilstaatlichen OMV-Konzern geht es Schlag auf Schlag. Nicht nur bei der OMV direkt müssen im Rahmen des Einspar- und Effizienzprogramms Revo großflächig Mitarbeiter abgebaut werden. Rund 400 im Headquarter in der Wiener Trabrennstraße, weltweit stehen wie berichtet bis zu 2000 Jobs auf dem Prüfstand.

Schon einen Schritt weiter ist die Kunststoff- und Chemietochter Borealis.

Diese sei nicht direkt von Revo betroffen, hieß es in der Vorwoche. Das stimmt irgendwie und doch wieder nicht. Bei Borealis sind bereits eigene Programme angelaufen, deren Ergebnisse für den Gesamtkonzern in Revo eingerechnet werden. In die Umsetzung mischt sich die Konzernmutter OMV nicht ein.

Borealis-CEO Stefan Doboczky aktualisierte bereits im Februar 2025 seine Unternehmensstrategie und setzte das Programm We4Customers auf. Das Umfeld ist für die weltweit 6200 Mitarbeiter große Gruppe mit der Zentrale in Linz seit Längerem ungünstig. Die Kunststoff- und Chemiebranche steht weltweit unter Druck, die Flaute dauert länger an als gedacht. Dazu kommen die neuen US-Zölle, die sich ebenfalls negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken.

„Borealis befindet sich mitten in einem wichtigen Wandel. Wir richten uns strategisch neu aus, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben und uns in einem dynamischen globalen Markt gut behaupten zu können“, erklärt Sprecherin Virgina Wieser. Im Rahmen von We4Customers sei analysiert worden, wie Strukturen und Funktionen weiter entwickelt werden können, um Nachhaltigkeit, Innovation, Effizienz und Kundennutzen noch stärker in den Mittelpunkt zu stellen.

Diese Veränderungen könnten „sowohl unsere Struktur als auch einzelne Funktionen betreffen“. Es sei wichtig, „dass wir alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter respektvoll begleiten und direkt Betroffene bestmöglich unterstützen“. Die realisierten Synergien „fließen in das Revo-Programm der OMV ein“.

Jobabbau in Linz

Das ist nichts anderes als die indirekte Bestätigung, dass auch bei Borealis Jobs wegfallen werden. Über die Größenordnung schweigt man sich noch aus. Der Belegschaft wurde bis dato nur der Abbau von bis zu 30 Jobs im Customer-Care-Center in Linz mitgeteilt.

Dabei wird es bei Weitem nicht bleiben, Insider rechnen damit, dass bei Borealis ebenfalls Hunderte Jobs wackeln. Denn zusätzlich zur schlechten Marktlage macht der OMV-Großaktionär Adnoc massiv Druck auf Borealis, wesentlich stärker einzusparen als geplant, hört man aus Eigentümerkreisen.

Die beschlossene Fusion des Innovationsführers Borealis (mehr als 12.000 Patente) mit den Töchtern von Adnoc zum milliardenschweren, weltweit viertgrößten Polyolefin-Produzenten Borouge Group International (BGI) soll Synergien von jährlich 500 Millionen US-Dollar bringen, 75 Prozent davon sollen schon in den ersten drei Jahren realisiert werden.

Synergien verdoppeln

Wie man nun hört, verlangt Adnoc-CEO Sultan Ahmed Al Jaber, die Synergien zu verdoppeln. Die Rede ist von einer Größenordnung bis zu einer Milliarde Dollar. Die Araber hatten wie berichtet bereits während der Verhandlungen für den Deal enormen Druck auf die OMV ausgeübt.

Anzunehmen, dass der Großteil der Effizienz-Maßnahmen Borealis treffen wird und nicht Abu Dhabi. Die Braut Borealis soll herausgeputzt, sprich verschlankt, werden. Das dritte Unternehmen im Bunde, die kanadische Nova Chemicals, hat zwar keine Arbeitsplatzgarantie, aber die Jobs sind gut abgesichert.

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Adnoc-CEO und Industrieminister Sultan Al Jaber

Außerdem wird bei Borealis befürchtet, dass die Unternehmenszentrale zwar formal als kleines Büro in Linz bleibt, die Musik aber am Golf spielen wird. Auch die Notierung von BGI im Wiener Leitindex ATX soll nicht so bald passieren.

Die Synergien stellt BGI in einer Präsentation dar. Neben Cross-Selling, besseren Beschaffungsmöglichkeiten und weltweitem Vertrieb findet sich natürlich das Thema Kosten-Optimierung. Die OMV kalmiert. Die Borealis-Innovationszentralen würden weiterhin eine führende Rolle einnehmen. Das Headquarter bleibe in Österreich, die regionale Zentrale in Abu Dhabi.

OMV-Jobabbau

Eine Woche nach Erscheinen des KURIER-Berichts bestätigt die OMV  den geplanten Jobabbau. Es könne in Österreich zu Stellenkürzungen „im mittleren dreistelligen Bereich kommen“, heißt es in einer Aussendung. Bis 2027 will die OMV 400 Millionen   einsparen. Außerdem könnten Geschäftsbereichen verkauft werden, „eine umfassende Überprüfung des Portfolios“ sei eingeleitet worden.  

andrea.hodoschek@kurier.at

Porträt von Andrea Hodoschek, Autorin der Serie „Wirtschaft von Innen“.

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